Der endlose Aufstieg
Gewiss nicht, hätte er jemals erahnt das die Strafe seiner Taten so eine große Buße war. Die Götter hatten ihn zu einer so gravierenden Strafe verurteilt, jedoch ließ er die Hoffnung nicht abfließen.
Zuversichtlich begab er sich zum Fuße des Berges. Er war überzeugt es als erster zustande zu bringen. Seine unüberwindbare Aufgabe, einen Felsbrocken bis zum Gipfel zu befördern, klang unmöglich für einen gewöhnlichen Bürger. Er war nichts weiter als ein Sterblicher, in den Augen der Götter, weshalb sie ihn zurück an seinen Platz weisen wollten.
Unverblümt fing er an den schweren Block mit beiden Armen den Berg hinaufzuschieben. Nach bereits wenigen Minuten war er schweißgebadet, kein Ende in Sicht.
„Die Hoffnung stirbt zuletzt.“ -behielt er stets im Hinterkopf.
Mit diesem inneren Trommelfeuer kontinuierte er mit seiner Buße. Er hatte bereits ein ziemliches Publikum zu sich gezogen, das Volk des Tales. Allesamt belustigten sie sich seines Anblickes. Einige drangsalierten ihn, indem sie ihn mit sämtlichen Gegenständen bewarfen.
Die Tomaten, die auf seinem Rücken landeten, versuchte er auszublenden, so wie alles andere auch. Er hatte nur noch eines vor Augen, die Vervollständigung seiner bitteren Strafe.
Ohne Pause und ohne Halt schob er den Fels bis zum Anbruch der Nacht.
Die einzige Verschnaufpause, die er sich gönnte, war die, indem er beide Sohlen seiner Füße in das Gestein zwängte und seinen Rücken an den Felsbrocken presste. Dies war wahrlich die einzige Lösung seine Arme etwas abzulösen und den Stein am zurückrollen zu hindern.
Sobald er das Gefühl in seinen Fingern wieder erhielt, machte er sich auch sofort an die Arbeit. Wie zuvor, schob er mit aller Kraft immer ein kleines Stückchen näher zu seinem Ziel.
Als er gerade über seinen bestialischen Gestank nachdachte sah er plötzlich etwas. Täuschten ihn seine eigenen Augen? Es gab keine andere Erklärung für das, was vor ihm stand. Der Gipfel, er war wie zum Greifen nah.
Manch Träne floss ihm die Backe hinunter als er den Rest seiner Kräfte aufbrauchte, um endlich an das Ziel zu kommen.
Was der arme Bursche jedoch nicht bedachte, war das die kleinste Unvorsichtigkeit zum Absturz führen konnte. Der kleinste Kieselstein konnte alles ins Rollen bringen. Und so geschah es. Dem Knaben rutschte der Felsbrocken förmlich aus den Fingern und kugelte den ganzen Abhang bis ins Tal hinab.
Alles auf Anfang, alles erneut. Ohne Ende schob er der Fels den Berg abermals hinauf.
Wer weiß, vielleicht werden Sie, wenn Sie das nächste Mal an einem Berg vorbei gehen, bei genauerer Hinsicht sehen, wie er immer noch den Stein vergeblich bis zum Gipfel hochrollen will.
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