Ein Ende für immer?
Früher, früher dachte ich gar nicht an das Ende. Ich sah keinen Sinn dahinter über ein Ende nachzudenken, denn ich steckte doch gerade erst in dem hier und jetzt, in der Gegenwart, der Realität.
Leute, alle möglichen Leute sprachen mir zu, dass es niemals ein Ende geben würde, was mein Leben wirklich derartig auf den Kopf stellen würde. Mit der Zeit wurde ich naiv und fing tatsächlich an das zu glauben. Ich war praktisch wie gefangen in dem jetzt, so lag ich im Bett und verschwendete keinen Gedanken daran. Doch das Schlimmste an so einem Ende ist, dass es unangemeldet passiert. Einfach kommt und mit der Tür ins Haus fällt.
So kam ich nach der Schule nach Hause, meine Mutter war gestresst, ich sah sie noch nie in diesem Zustand. Sie setzte uns alle Still ins Auto, meine zwei Brüder und ich schwiegen. Ab diesem Moment wurde mir klar, dass es sich hierbei nicht um eine lustige Überraschung oder ein Ausflug handelte. Ich hatte kein gutes Gefühl und ich konnte erkennen, dass auch keiner der anderen eins hatte. Die Stille, es fühlte sich alles so schwer an, so unkontrollierbar. Wir hielten. Was sah ich? Ich sah Blaulicht, eine Welt gehüllt in einem leuchtend stechenden Blau. Ich spürte die Unruhe in mir aber auch in der Umgebung. Meine Mutter unterbrach den Augenblick, mit angeschwollenen Augen und Tränen die hinunterronnen, sprang sie aus dem Auto, hin zu dem Rettungswagen. Ich traute mich ein kurzer Blick, ich öffnete die Augen sah wie die Türen des Wagens schlossen und das Gefährt mit dröhnendem Lärm wegrollten. Ich kniff meine Augen sofort wieder zu.
Der Moment, wo ich mir der ganzen Sache erst bewusst wurde war, wahrscheinlich wo ich mitten am Friedhof stand, umringt von Menschen, die ihre Trauer ausdrückten. Ich sah mich um, aber zu weinen war mir nicht. Ich fühlte mich elend aber als ich all die bedrückten Gesichter sah, versprach ich mir wenigstens für meine Mutter stark zu sein, wie oft hatte sie mich schon getröstet und für mich ein offenes Ohr gehabt. Ganz ohne weinen schaffte ich es dann doch nicht.
Das ist meine Geschichte, der ersten Begegnung mit dem Ende, aber hier geht es weder um mich noch um Trauer. Ich bin jetzt fast 17 Jahre alt und dieses Erlebnis ist beinahe 10 Jahre her. Ich will damit sagen, einen Schmerz werde ich immer spüren und die Angst zu Vergessen wird auch immer bleiben, doch es wird viel zu selten darüber geredet, dass nach einem Ende wieder etwas Neues beginnt. Ich habe aus diesem sehr viel gelernt, mit Trauer Gefühlen umzugehen, und ich will gar nicht wissen, was die Menschen in meinem Umfeld alles durchmachen mussten und dadurch Dinge fürs Leben mitnahmen. Doch im Endeffekt darf man niemals vergessen an sich zu glauben, niemals den Kopf hängen zu lassen, niemals sich nur das negative Einreden. Denn das, und nichts anderes, wäre ein Ende für immer. indem man den Glauben an sich selbst verliert.
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