"Geh einfach. "
Sie krallte ihre Finger in die Anrichte. Es tat weh, aber sie brauchte jetzt etwas Ablenkung. Sie atmete tief durch, bevor sie sich wieder umdrehte. „Ich habe genug“, meinte sie, gefährlich ruhig. Er verzog das Gesicht. Allein dieser Gesichtsausdruck, die Bewegung seiner Augenbrauen nach oben, allein das ließ es in ihr kochen. Sie fühlte sich wie eine Granate, die drohte zu explodieren. Sie konnte sie nur unter Mühen halten.
„Was meinst du mit `genug´?“ Sein Ton war vorwurfsvoll, sein Mund schmal. Alles an ihm wies auf Unverständnis hin. Unverständnis über die Ablehnung, die sie ausstrahlte.
Sie versuchte noch einmal durchzuatmen, doch gab es auf und platzte schließlich heraus: „Genug! Keinen Bock mehr! Keinen Bock mehr auf diese Scheiße hier, das ständige Bemuttern und Fragen, wie es mir geht! Beschissen geht es mir! Aber du kannst es ja nicht lassen, nie lässt du mich in Ruhe!“
Seine blauen Husky-Augen wurden bei jedem ihrer Worte immer betroffener. „Ich mache mir nur Sorgen, ich sehe doch wie du dich quälst“, seine Stimme war leise und vorsichtig, „All das Training und deine endlosen Gedanken ob du gut genug bist.“
Er griff nach ihrem Handgelenk. Es war dürr, die Knochen stachen heraus. Doch sie zog ihre Hand weg, ihre Augen verengten sich zu Schlitzen. In ihr schien etwas zu rumoren, es drehte ihr den Magen um. Tief in ihr fühlte sie Zuneigung zu dem Blonden vor ihr, doch jedes Fünkchen wurde ausgelöscht von ihrer unbändigen Wut. „Geh einfach.“
Ihre Worte schmerzten ihn. Doch er nickte und verschwand in der Tür, ohne sich noch einmal umzudrehen.
Sie fühlte sich leer. Warum hatte er sie nicht noch einmal angesehen als er ging? Der Gedanke an ihn riss ein Loch in ihr Herz. Jeder Zentimeter ihres Körpers brannte, vor Trauer und Scham. Ihr Kopf war schwer und pochte. Er ist weg, dachte sie. Dann begann sie zu weinen.
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