HUNGER
Wir hören wieder Geräusche. Mein Bruder und ich halten uns gegenseitig fest in den Armen und kneifen unsere Augen zu. Nur wir zwei sind noch übriggeblieben. Meine Eltern sind vom dem Bombenangriff vor einer Woche gestorben. Wir haben nichts mehr zu essen, suchen Gras um nicht vor Hunger zu sterben. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Mein Bruder ist nur fünf Jahre alt, ich soll doch auf ihn aufpassen können. Jedoch finde ich nichts für unserer beiden Mägen. Jede einzelne Stunde hört man eine Bombe explodieren und kurze Sekunden danach, nur noch laute Schreie. In unserer Gegend hört man ebenfalls, dass gerade jetzt sehr viele Kinder entführt werden und für ihre Organe ermordet werden. Seitdem unsere Wohnung zerstört wurde, wissen wir nicht, wo wir unsere Nächte verbringen können, damit uns die Organverkäufer nicht finden. Was für ein Begriff…ich weiß, Tagebuch. Aber, wie sollte ich die Menschen nennen? Kriminelle? Nein. Wenn man kleine, gesunde Kinder ermordet, um ihre Organe zu verkaufen, ist das schon der Teufel in Person. Seitdem die Amerikaner unser Land attackiert haben, hatte ich keinen einzigen ruhigen Tag. Keinen Tag ohne Hunger, ohne Tränen, ohne Schmerz und ohne Wut. Wut auf die Menschheit und auf die Politik. Warum werden die Menschen umgebracht, die am harmlosesten sind. Kinder, schwangere Frauen, Ältere, warum werden genau die umgebracht? Ich habe begonnen diese Welt zu hassen. Niemand versteht uns hier. In den Medien wird überall über uns gesprochen, jedoch niemand hilft uns. Auf einer Seite ist die ganze Aufmerksamkeit auf uns gerichtet und auf der anderen, ist niemand für uns da. Ich bete jeden Tag zu Gott, dass er mir Kraft geben soll, damit ich auf meinen Bruder aufpassen kann. Er ist der Einzige aus meiner Familie, der noch da ist. Für die anderen Familienmitglieder hatten wir nicht mal die Gelegenheit, um sie zu begraben. Wahrscheinlich fliegen schon Fliegen um Mama und Papa herum und kriechen Würmer auf sie herum. Es sind wieder mal zwei Tage vergangen ohne, dass ich etwas gegessen habe. Alles Essbare, dass wir gefunden haben, habe ich meinem Bruder gegeben. Ich möchte nicht, dass er denselben Schmerz und Leiden wie ich fühlt.
Danke für das Zuhören liebes Tagebuch, ich melde mich das nächste Mal, wenn wir noch was zu essen finden.
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