Kontrast
Denken wir doch einmal zurück an die Zeit, in der wir noch kleine Kinder waren. Wir waren froh, wenn unsere Mütter uns die Flasche gaben oder wir den Nachmittag einfach mal verschlafen konnten. Schreien war das Mittel, um direkt zu bekommen, was wir haben wollten. Geprägt von Hunger, Durst und Schlaf. Jeden einzelnen Tag in dieser Zeit. Für uns war es genug. Wir brauchten nur das. Uns fehlte es ja schließlich auch an nichts.
Und was sind wir heute? Wir sind herangewachsene Menschen, der eine mehr und der andere weniger erwachsen. Doch was ist es heute, was dieses genug zu erfüllen scheint? Es ist nicht nur Hunger und auch nicht nur der Schlaf. Geld, Macht und auch Freunde spielen wichtige Rollen in jedem einzelnen von uns. Haben wir Geld, so können wir uns Dinge kaufen, die uns in unserem Leben Freude bereiten. Haben wir Macht, stehen wir in den obersten Positionen und beeinflussen das Weltgeschehen. Freunde begleiten uns jederzeit. Vielleicht haben wir diese Freunde schon seit dem Kindergarten, vielleicht haben wir sie aber auch erst kürzlich bei einem Festival kennengelernt. Viele Faktoren kommen zusammen, wenn wir danach streben, dass uns das Leben genug ist.
So wie es glückliche Menschen unter uns gibt, die in ihrem Leben ihr Bedürfnis nach dem „Genug“ erreicht haben, gibt es auch vereinzelt Menschen, die genug von ihrem Leben haben. Das Leben ist zu viel, sie greifen nach den Rasierklingen oder Glasscherben, übertönen ihr Leiden durch selbst hinzugefügte Schmerzen, der sich immer weiter in sie herein frisst. Sie werden unantastbar, nahezu unsichtbar. Man möchte ihnen helfen, doch irgendwann ist es nicht mehr möglich. Es ist schon fast unmöglich, ihre hoch erbauten Schutzmauern zu durchbrechen. Manchmal fühlen wir uns schuldig, wenn abermals in den Zeitungen steht, dass ein weiterer Mensch aufgrund von Suizid von uns gegangen ist. Wir fragen uns, warum diese Menschen sich nicht helfen lassen, oder sich, selbst wenn ihnen geholfen wird, trotzdem für den Suizid entscheiden. In diesem Fall sind wir machtlos. Die Menschen entscheiden über ihr eigenes Schicksal und treffen eigene Entscheidungen. Viele von ihnen haben in ihrer Kindheit schlimme Dinge erlebt, viele von ihnen wurden zurückgelassen, enttäuscht, verstoßen. Das Leben ekelt sie an, weil sie nie die Möglichkeit hatten, die schönen Dinge im Leben zu erleben. Narben zieren ihre Arme. Manche von uns widern diese Narben an, doch sie tragen eine Geschichte mit sich, die man mit Respekt behandeln sollte.
Egal, was diesen Menschen widerfahren ist, wir sollten auch ihnen die Möglichkeit geben, die schönen Dinge im Leben sehen zu können. Diese Welt sollte niemanden anwidern. Leider zeigt die Welt aber oft genug, dass wir genug Gründe haben, um von ihr angewidert zu sein.
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