Was leben heißt
Das Leben ist scheiße. Einige von euch werden mir vielleicht widersprechen, mir erzählen was für tolle Möglichkeiten es doch gibt und was man alles erreichen kann. Bullshit. Du kommst auf die Welt, bist ein paar Jahrzehnte hier (wenn überhaupt! ) und dann kommt dein Alter, eine Krankheit oder ein vorbeirasendes Auto und du bist weg vom Fenster. So einfach geht das.
Natürlich gibt es Spekulationen über die ewige Seele und das Leben nach dem Tod, mit einem bärtigen, alten Mann und zweiundsiebzig Jungfrauen. Aber das sind – wie gesagt – reine Spekulationen. Das einzige, was wir letztendlich mit Sicherheit wissen, ist dass unser Körper in irgendeiner verstaubten Holzkiste landet und dort dann langsam verwest bis nur noch ein Häufchen Staub übrig ist. Und wozu das alles?
Ich habe wirklich versucht, den Sinn dahinter zu verstehen. An irgendeinem Punkt war ich sogar der Ansicht, ich hätte sie, die Antwort auf die Frage. Denn ist nicht der Sinn des Lebens, es zu leben, in vollen Zügen zu genießen, zu lieben und geliebt zu werden, all seine Träume zu verwirklich und dann letztendlich alt und schwach im Sterbebett zu liegen, auf alles zurückzublicken, nichts zu bereuen und zufrieden und im Einklang mit der Welt zu gehen?
Ich glaube nicht, dass das möglich ist. Ich glaube nicht, dass jemand auf sein Leben zurückblicken und sagen kann: Ja, ich habe alles getan, alles erlebt und kann nun glücklich sterben. So funktioniert es nicht. Ich schaffe das nicht einmal abends, wenn ich schlafen gehe und an den Tag zurückdenke. Wie soll man das dann mit Jahrzehnten von Erlebnissen und Erinnerungen schaffen? Hast du wirklich genug gelebt? Genug geliebt, genug gehasst, genug geträumt und genug erreicht, genug Fehler begangen und sie oft genug wieder ausgebessert? Hast du genug Leute kennen gelernt, genug Geld verdient, genug Spaß gehabt und genügend Chancen genutzt? Willst du mir wirklich erzählen, dass du alles erreicht hast, alles getan hast, was du dir je von diesem Leben gewünscht hast?
Es wird niemals genug sein. Egal ob du zehn Jahr hier bist, fünfzig oder gar einhundert. Egal wie viel Zeit du hier verbringst, wie viele Dinge du erlebst, wie viele Reisen du unternimmst und wie viele Leute du kennenlernst. Und wenn du die Welt von Krebs, AIDS und Ebola befreien würdest, du hättest trotzdem nicht genug vom Leben. So ticken wir Menschen einfach nicht.
Also ja, wenn ihr mich fragt, ist das Leben scheiße. Ein schwarzes Loch voller Trauer und Verlust, verdammt dazu, irgendwann zu enden. Na und? So ist die Welt nun mal. Das einzige was wir tun können, ist leben. In vollen Zügen genießen, lieben und geliebt werden, so viele unsere Träume verwirklichen wie möglich und irgendwann sterben.
Vielleicht wird es nie genug sein. Aber es ist alles, was wir haben.
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