Wenn man dachte, man sei genug
Mürrisch verzog Emma das Gesicht. Was Tom ihr gerade sagte, brachte sie beinahe an den Rand der Verzweiflung. Immer und immer wieder durfte sie sich anhören, wie seine Traumfreundin zu sein hatte. Wie sie sich benehmen sollte; wir ihr Charakter zu sein hätte. Und alles traf voll und ganz auf das braunhaarige Mädchen zu.
„…Sie sollte außerdem nicht zu allem Ja und Amen sagen. Ihr eigener Kopf –“, ereiferte sich Tom weiter und bemerkte nicht, wie Wut in Emmas grünen Augen aufblitze. „Okay, es reicht!“, fuhr sie letztendlich aus der Haut und ließ ihren Gegenüber somit zusammenzucken. „Was hast du jetzt für ein Problem?“, fragte Tom verwirrt und zog die Stirn kraus, während er abwehrend die Hände hob. „Was mein Problem ist?“, fragte sie rhetorisch.
Verdammt! Seit Jahren war sie in ihren besten Freund verliebt und durfte sich immer wieder anhören, wie seine Freundin zu sein hatte. Seit Jahren fragte sie sich, wie er so blind durch die Weltgeschichte laufen konnte. Vor allem fragte sie sich jedoch, wieso sie selbst so unendlich lang wartete.
„Bist du so doof, oder hast du Unterricht genommen? !“, fauchte sie, „Seit Jahren darf ich mir immer und immer wieder das Gleiche anhören! Sie soll ihre Meinung sagen; nicht immer lächeln, wenn es ihr nicht gut geht!“ „Ja und?“ Mit einem frustrierten Aufschrei warf sie die Arme in die Luft. „Und? ! Und? ! Du rennst auch wirklich blind durch die Welt und merkst es nicht mal!“ „Was denn? !“, erwiderte er und wurde langsam aber sicher ebenfalls lauter.
„Ich bin in dich verknallt, du Volltrottel!“, schrie sie, ohne darüber nachzudenken, „Seit Jahren und du redest darüber, wie deine Freundin zu sein hat. Und weißt du was? Bei jedem verdammten Mal erscheint diese Liste in meinem Kopf, bei der ich beinahe jeden Punkt abhaken kann!“ Vollkommen überfordert stand Tom vor ihr und öffnete seinen Mund, nur um ihn wieder zu schließen. Ihm fiel einfach keine Erwiderung auf das Gesagte ein, welches Emma ihm entgegengeschrien hatte. „Aber nein. Du bemerkst mich ja nicht einmal. Und ich hab genug davon! Ich hab genug von dir und einem gebrochenem Herz.“
Scheinbar war ihre Definition von dem Wort „Genug“ eine andere. Sie war nicht genug für ihn und sie hatte genug von ihm. „Viel Glück bei jemandem finden, der dir gut genug ist“, meinte sie und ließ ihren besten Freund stehen, welcher ihren Ausbruch noch immer nicht gänzlich verarbeitet hatte.
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