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„John“…. .
„JOHN“….
Als die Worte mein Bewusstsein erreichten fuhr ich auf und schaute mich verwirrt um. Es dauerte einige Momente bis ich den kleinen runden Gartentisch neben mir klar sah und dem Garten zuordnen konnte. Noch immer in Trance schaute ich mich um. Die Blätter der großen Eiche die direkt neben den kleinen Glastisch stand, färbten sich langsam in alle möglichen Herbstfarben. Nicht nur die Eiche zeigte die Veränderung der Jahreszeit, nein auch der kalte Wind und die großen Blätterhaufen die unseren Garten einnahmen machten den Herbst spürbar.
Ich hörte die Terassentür und wütende Schritte in meine Richtung. „Wie oft soll ich dir noch schreien?“ Die Stimme war klar der eleganten Dame welche mit Crocks durch den Garten schlürfte zuzuordnen. Ich lächelte als ich sie sah obwohl ich wusste das mich wahrscheinlich eine Standpauke erwartete. Als sie vor mir stand, ihre Wangen rötlich von der Kälte und ihre Augen gefährlich blitzend, und anfangen wollte mir verschiedenste Dinge an den Kopf zu werfen, fiel ihr Blick auf die schwarze Schreibmaschine und den vielen Blättern die vor mir ausgebreitet waren. Im gleichen Moment verdunkelten sich ihre Augen und ein etwas trauriges Schmunzeln schlich sich auf ihre Lippen. Ohne Worte nahm sie nun gegenüber Platz faltete die Hände und schaute mich an. Ich wusste ganz genau was sie sagen wollte, was sie fühlte sogar teilweise was sie dachte. „John versuchst du es immer noch?“ fragte sie mich. Der mitleidige Unterton war nicht zu überhören. „Ich finde kein Ende“, fing ich an „ ich schreibe und schreibe und denke nach jeden neuen Kapitel das es nun abgeschlossen ist. Doch ich finde kein Ende“. Ich sah sie bei den Worten nicht an. Ich wusste nicht genau warum, vielleicht schämte ich mich das ich die Geschichte nicht beenden konnte, vielleicht wollte ich aber auch nicht ihr verständnisvolles Lächeln sehen. „John. Braucht jede Geschichte ein Ende?“ fragte sie mit sanfter Stimme. „Nur weil ein Kapitel zuende ist musst du nicht gleich damit abgeschlossen haben. Lass deine Gefühle leben, lass sie sich ausbreiten. Du musst nicht gleich ein Schlussstrich setzen“. Ich sah zu ihr hoch. Ihre brünetten schulterlangen Haare lockten sich leicht und immer wieder strich sie sich einzelne Strähnen hinter die Ohren. Diese Angewohnheit hatte sie schon lange. Eigentlich seitdem ich sie kannte. Mein Blick fiel auf den silbernen Ring auf meinen Ringfinger und ich fing an ihn zu drehen, zu lockern um mir dann die Initialen und das Datum welches auf der Innenseite hineingraviert wurde anzuschauen. „Ich brauche ein Ende. Ich weiß nicht wie es ist keines zu haben. Kein Warum kein Was kein Wie. Keine Erklärung warum alles in der Geschichte so verlaufen ist. Keine Erklärung für die Charaktere wie sie mit den Veränderungen umgehen. Kein Happy End“, meine Stimme brach und ich merkte wie sich Wut in mir anstaute. Wut auf das Schicksal, meine Geschichte, Seiten und Wörter.
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