Absturz und Aufstieg
Mein Name ist Svetlana Smirnow. Vor fünf Jahren bin ich mit meinem Vater und meiner Stiefmutter nach Österreich gekommen in der Hoffnung ein besseres Leben vorzufinden. Doch daraus wurde nichts. Wir besitzen zwar eine größere Wohnung, doch Mangels fehlender Deutschkenntnisse können mein Vater und meine Stiefmutter nicht mehr als Lehrer arbeiten. Nun verdienen beide ihr Geld im Supermarkt unter schrecklichen Bedingungen. Für mich hatten sie eine bessere Zukunft geplant. Ich sollte eine gute Schule besuchen, ausgezeichnete Noten schreiben und bestenfalls auch noch viele Freunde haben. Doch das ist nicht so einfach. Denn es wurde diagnostiziert, dass ich an einer sozialen Phobie leide. Begonnen hat das Ganze als ich ein Stipendium für ein privates Elite-Gymnasium ergatterte, da ich die Jahrgangsbeste in meinem Gymnasium war. Ich kann nicht beschreiben, wie stolz ich war, als ich an diese tolle Schule aufgenommen wurde! Ich, die Tochter zweier nach Österreich migrierter Supermarktverkäufer!
Voller Eifer zählte ich jeden Tag der Sommerferien und konnte das Ende kaum erwarten. Doch mit Schulbeginn änderte sich alles. Meine Mitschülerinnen und Mitschüler konnten mich von Anfang an nicht ausstehen. Ich war nicht so wie sie. Während sie gutaussehend, reich und selbstbewusst waren, war ich nichts weiter als ein normales Mädchen in H&M-Kleidung. Wie ich diese Feindseligkeit bemerkte? Niemand sprach mit mir oder sah mich an. Obwohl sie so taten, als ob sie mich nicht bemerkten, fühlte ich ihre ständigen zornigen Blicke und ihr verhöhnendes Getuschel. Doch das war nicht alles. Nach einer Weile bekam ich auch Hassbriefe und Drohungen. Dies war die schrecklichste Zeit meines Lebens. Anfangs erzählte ich meinen Eltern nichts davon, da ich sie auf keinen Fall enttäuschen wollte. Schließlich hatten sie so viel für mich geopfert!
Doch als eines Tages zwei meiner Klassenkameraden und Kameradinnen von meinem Vater entdeckt wurden, als sie „Geh weg, du Missgeburt!“ an unsere Haustür schrieben, konnte ich nichts mehr verheimlichen. Ich brach vor meinen Eltern in Tränen aus und erzählte diesen alles. Seit diesem Moment traute ich mich nicht mehr in die Öffentlichkeit. Zu groß die Angst vor neuen Schikanen. Ich erlitt eine Depression und musste auch klinisch behandelt werden. Doch irgendwann musste ich wieder eine Schule besuchen. Dies erforderte sehr viel Mut. Durch meine negativen Erfahrungen zuckte ich schon zusammen, wenn jemand nur meinen Namen nannte. Doch meine neuen Klassenkameraden und Klassenkameradinnen waren viel einfühlsamer und nahmen mich sofort in ihre Mitte auf. Ich schloss die Schule mit ausgezeichnetem Erfolg ab und nun arbeite ich in einer Klinik für psychische Erkrankungen und helfe Menschen, die ein ähnliches Schicksal wie ich erfahren haben.
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