Allein im Oktober
Es war ein kalter Tag im Oktober. Der Regen prasselte gegen das Fenster meines Zimmers und der Wind pfiff um die Häuser. An diesem Tag hatte ich die Entscheidung getroffen, die mich hierhergeführt hatte. In dieses Zimmer, das jetzt mir gehörte. Ich hatte Angst, dass die Fensterrahmen nicht halten würden, denn sehr stabil sahen sie nicht aus. In dem Versuch mich abzulenken, schaute ich mich um. Mal wieder. Die grauen, nackten Wände störten mich, aber ich hatte bis jetzt keine Zeit, sie zu verzieren. Ich bewegte mich auf meinem Bett und es knarzte. An dieses Geräusch musste ich mich noch gewöhnen. Ich musste mich an alles gewöhnen. An die Wände, das Bett, den alten, knarrenden Holzkasten, mein Nachtkästchen, ja sogar die Höhe der Türklinke. In meinem alten Zimmer hatte die Klinke genau die richtige Höhe. Meine alte Tür. Ich vermisste meine Tür. Und mein Zimmer. Zumindest redete ich mir das ein. Dabei war das nur eine Taktik. Ich versuchte nicht daran zu denken, was ich wirklich vermisste. Das machte es schwerer die Situation zu akzeptieren. Hier zu sein, in diesem trostlosen Wohnblock, wo alles so grau war, wie meine Wände. Auch die Stimmung war gedrückt. Niemand lachte, alle schauten immer nur melancholisch durch die Gegend.
Mein ganzes Leben lang hab ich von Leuten gehört, die in dieser Situation gelandet sind. Nie hatte ich daran gedacht, dass es auch mich treffen könnte. Wie gerne würde ich in der Zeit zurückreisen und meinem jüngeren Ich sagen, dass es hoffnungslos war. Dass ich nicht dagegen ankämpfen sollte, dass es nicht gut ausgehen würde. Man konnte es einfach nicht schönreden. Ich sah sie immer noch vor mir, die Augen meiner Eltern. Den Leuten, die für ihr Kind da sein sollten und es unterstützen und lieben sollten. Aber das taten sie nicht. Stattdessen saß ich hier allein und erinnerte mich noch genau wie die Menschen, denen ich am meisten vertraut hatte, mich allein gelassen hatten, mich betrogen hatten. Sie hatten mich für immer gehen lassen. Ewig würde ich mir ihre Gesichtsausdrücke merken, als sie die Tür geöffnet hatten, hinausgezeigt hatten und mit gefühlsloser Stimme geflüstert hatten: „Geh, bitte! Geh!“
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