Am Rande des Ruhms
Umziehen, zurück auf die Bühne, laute Fans, auch mit Schmerzen die höchsten Töne liefern, die Medikamente gegen meine Hüftschmerzen treten noch nicht ein, Scheiße, ich muss mich beruhigen, ich brauche einen Joint.
Überfordert in den Tourbus und meine Assistentin reicht mir die Papes, das Gras und alles andere Notwendige. Nur einem Selbstgebauten vertraue ich. Zug Numero Uno: Mein Herz pumpt langsamer, es scheint mir nicht mehr aus der Brust zu springen. Zug Numero Due: Kichernd spüre ich meinen Schweiß trocknen, die Nervosität ist passé. Zug Numero, ich zähle gar nicht mehr mit: Ich lachte über meinen Fauxpas auf der Bühne, als ich vor 62 000 Menschen … warte, 62 000 Menschen? Ich schluckte auf und analysierte mein Leben nochmals. Zu viel für mich, Schlaf müsste helfen. Ab mit mir in die Hängematte. Nach dem Beten hoffte ich auf ein Minimum von zwei Stunden Schlaf. Kein Mittel konnte mich mit so viel Adrenalin in den Tiefschlaf befördern.
Ich verlas mich nicht, zwei Wochen konzertlos. Verwirrt machte ich mich fertig und fuhr mit meinem Bentley ins Studio. Den lenkte ich nach 4 Monaten das erste Mal wieder selber. Es krachte. Fuck, ich fuhr gegen Bobbys Auto, war wohl nicht bei Sinnen und habe getwittert. Bobby konnte den Gestalter des Albumcovers nicht engagieren. Wir wollten heute fertig werden, aber meine Motivation sagte nun genau so wie ich selbst ade. Ich flog zu Papa nach New York, der versorgte mich mit genug emotionaler Stabilität.
„GAGAS RÜCKSCHLAG: ERNEUT DEPRESSIV?“ „LÄSST SIE IHR ALBUM TATSÄCHLICH SAUSEN?“ „FLUCHTWEG ZU PAPA: WIE ES IHR WIRKLICH GEHT!“
Tränen, Wutanfälle und ein großes H&M-Plastiksackerl Haschischzigaretten später besuchte mich Bobby mit einer neuen Aufnahme des Chors für „Million Reasons“ und ich fand auch loyal wieder Anschluss an der Musik und begab mich für die nächsten paar Wochen ins Tonstudio, ans andere Ende Amerikas. Ich steckte den letzten Funken Gefühl in diese Platte, die von meiner toten Tante handelt.
Kurz vor dem Release wurde mein Album online zum illegalen Download bereitgestellt. Meine Rolle in einer Serie fuhr mich wie eine Achterbahn durch Gefühle, von denen ich nicht wusste, dass sie existent wären. Der Tod einer guten Freundin warf mich zeitgleich wieder aus dieser Achterbahn in eine neue und diese hieß Superbowl. Die dreizehnminütige Performance vor Millionen Menschen wurde mit allerhöchsten Erwartungen ersehnt. Wer diesen Auftritt hinter sich hatte, galt als Ikone. Aber nein.
Verschiedenste Phobien, Schmerzmittelsucht und in fett Burnout stand auf dem irritierenden gelben Blatt Papier, das mir direkt, nachdem ich aufgewacht war, in die Hand gedrückt wurde. „Sie müssen sich ausruhen, Frau Germanotta!“. „Sie sollten es einsehen, Sie sind krank, Frau Germanotta!“. „Lesen Sie das mal, wir kommen gleich noch einmal, Frau Germanotta!“, flüsterte mir die Tussi mit heißem Atem ins Ohr. Alle in Weiß. Überraschenderweise entdeckte ich noch eine zweite Seite in Gelb und las laut vor: Abhängigkeit von Musik.
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