Am seidenen Faden
Eines Tages kam eine kleine Ameise namens Lilly mit ihrer Familie in eine riesige Küche. Noch während ihr Vater ihr und ihren Geschwistern erklärte, dass sie alle eine Ameisenstraße bilden sollen, begann Lilly die Küche allein zu erkunden. Es gab so viele interessante Sachen, sie kletterte an einer komisch aussehenden Metallstange, aus der Wasser heraustropfte, empor.
Danach erkundete sie eine kleine Pflanze, die Ähnlichkeit mit den Blumen hatte, auf denen sie draußen gerne hinaufspazierte, nur diese hatte eigenartigerweise keinen typischen Pflanzengeruch, diese stank nach Plastik. Doch das konnte Lilly trotzdem nicht die Freude an ihrem kleinen Ausflug schmälern, denn schon war sie wieder unterwegs, um auf den Tisch zu steigen.
Als Nächstes kletterte sie übermütig alle Wände voller Tatendrang hoch. Noch während sie kletterte, hörte sie, dass ihr Vater nach ihr rief. Als sie sich umdrehte, erschrak sie. Sie war unbewusst so lange an der Wand hinaufgeklettert, ohne sich umzusehen, dass sie nicht bemerkt hatte, dass sie neben einer riesigen, metertiefen, dunklen Schlucht stand, über die nur ein dünner Faden führte. Es war ein furchtbarer Anblick für sie, da sie schon immer eine sehr große Angst hatte, über irgendetwas zu balancieren, da sie, als sie noch klein war, sich einmal fast ein Bein ausgerissen hätte, als sie von einer Schnur herunterfiel. Ihr Vater rief ihr zu, dass sie schnell von dort weg müsse, aber er war so weit entfernt, dass sie ihn nicht gut hören konnte.
Doch das war auch gar nicht nötig, denn als sie sich erneut umdrehte, stand nur ein paar Zentimeter entfernt von ihr eine riesige Spinne, die schon sehr hungrig aussah. Davor hatte er sie also warnen wollen. Lilly spürte die Panik immer weiter in sich aufsteigen, was sollte sie nur tun?
Eine Möglichkeit wäre über das Seil zu krabbeln, da die Spinne dafür zu groß war. Lilly geriet immer mehr in Panik. Das konnte doch nicht die einzige Möglichkeit sein. Sie dachte nach. Auf jedem anderen Weg würde die Spinne sie einholen. Was sollte sie nur tun?
Als sie merkte, dass ihr keine Zeit mehr blieb, beschloss sie, sich ihrer größten Angst zu stellen. Sie ging kurz in sich, um Mut zu fassen und krabbelte dann so schnell ihre kleinen Beinchen sie trugen auf das dünne Seil zu. Doch kurz davor blieb sie abrupt stehen. Sollte sie wirklich? Gab es wirklich keine andere Wahl?
Aber als sie die Spinne sah, die schon ganz nah hinter ihr war, flog sie förmlich über das Seil, so, dass die Spinne ihr nur verdutzt nachschaute. Am anderen Ende war schon ihr sorgenvoller Vater, der alleine beim Zusehen fast einen Herzinfarkt bekommen hatte. Er umarmte Lilly sofort und sie liefen auf direktem Wege nach Hause.
Kurz nachdem Lilly daran dachte, was für ein befreiendes Gefühl es war, seine Angst zu besiegen, schlief sie zufrieden ein.
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