Anklage
Wann ist es endlich soweit? Wann hast du es verstanden, wann kapiert? Ist es so schwer zu verstehen? Warum hörst du nicht auf, Mensch? Warum tust du so, als wärst du taub und blind, blind und taub gegenüber dem was du hast vollbracht? Es ist genug! Es ist zu viel getan, zuviel geschehn! Du hast zu viel getan, zu viel des Leids vollbracht und dich blind abgewandt und ignoriert. Als wär es nur ein Traum, nicht echt, nur Schein, der trügt. Als wäre es nicht existent. Drum machst du weiter. Führst deine Arbeit fort in deinem grenzenlosen Egoismus. Mit Scheuklappen vors Gesicht gespannt, stur geradeaus gerichtet ohne zu blinzeln oder einmal zurückzublicken, auf das was du hinterlässt. Wende nur einmal den Blick zurück. Für einen winzigen Augenblick. Ich flehe dich an!
Ich sage dir: es ist genug. Sieh! Sieh an was du verändert hast, was du in deinem ungezähmten Sturm mitgerissen hast. Ich reiße dir die Augenbinde ab und zeige dir die Bilder. Siehst du die Tränen? Es sind keine Tränen des Glücks. Siehst du die Angst? Es ist echte Angst, kein Erschrecken. Siehst du die Schlucht, die die Welt entzweit, aufgebrochen durch deine stampfenden Schritte? Hörst du das Atmen? Ich auch nicht, denn es ist fort. Spürst du das Leben? Nein, denn es ist verwirkt. Du siehst die Wahrheit, aber reagierst nicht. Deine Augen blicken starr ins Leere, durch alles hindurch und darüber hinaus, als ginge es dich nicht an.
Warum hörst du nicht einfach auf? Lausche meinen Worten: Es ist genug sage ich! Warum glaubst du mir nicht? ! Für dich ist es erst der Beginn, ein einfacher Versuch, ein Auftakt vor dem großen Finale. Nur die Hülle, die du aufreißt um an das ungeschützte Innere zu gelangen. Sprich mit mir! Antworte! Was siehst du mit deinen aufgerissenen Augen, was mir verborgen bleibt?
Ich sehe das Ergebnis, sehe deine Tat. Wenn du nicht das Ergebnis siehst, was siehst du dann? Siehst du nur unberührtes Nichts? Siehst du die Welt, wie sie ohne dich ist? Unberührt, unbefleckt, ganz und gar vollkommen? Ist jeder Handgriff wie ein Flügelschlag in einem Sturm? Er wird davongetragen und von der Welt gewischt, als wäre er nie geschehen?
Siehst du das? Glaubst du mir deshalb nicht, dass es genug ist? Weil dir das Ergebnis verborgen bleibt, als wäre es nie geschehen?
Ich weiß nicht was ich denken soll, meine Gedanken sind wirr und schwer.
Die Frage ist wenn du nicht siehst, was ich sehe und ich blind für das bin, was du siehst: Woher weiß ich was die Realität ausmacht? Bist du der Blinde oder bin es ich? Bin ich vielleicht verblendet und verurteile dich für deine Weisheit? Wenn sich unsere Ansichten so unterscheiden, gibt es überhaupt nur einen Weg? Oder ist es egal ob Rechts ob Links, es führt zu einem Ziel?
Bist du blind, oder ich?
Mensch.
Ist es genug?
Oder nicht?
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