Apell an dich, ja dich
Hey, du!
Ja, genau du!
Geh! Vorwärts!
Na los, beweg dich!
`Tschuldige, eine Begrüßung wäre angemessen gewesen.
Guten Morgen, Guten Abend, Grüß Gott, Hallo, Servus.
So, Form gewahrt, jetzt schmeiß die Motorik an.
Vom Lesen allein wirst du auch nicht besser, mein Schatz.
Tut mir leid, dass ich dir die Illusion nehmen muss.
Jetzt habe ich einen wunden Punkt getroffen, was?
Wahrscheinlich ziehst du die Augenbrauen hoch oder zusammen und deine Mundwinkel machen eine missbilligende Kurve.
Weil du das nicht hören wolltest.
Ja, ja ich weiß.
Du bist ja so weltgewandt und schlau und erfahren und überragst mit deinem brillanten Intellekt sämtliche, gleichaltrige Individuen, weil DU belesen bist.
Ich kenn das.
Dass ich die Nase unerhört hochtrage, weil ich sie ab und zu zwischen zwei Buchdeckel stecke.
Ich gehöre zu genau dieser Sorte Mensch
Glaub mir, eine Schelle, tut solchen wie uns manchmal gut.
Eine, die richtig schön zwiebelt und einem hinterhältig um die Ohren knallt.
Wir ruhen uns nämlich gerne aus, du und ich.
Nicht wahr?
Darauf, dass wir natürlich viel weiser und reifer sind als alle anderen.
Dass denkst du dir doch auch, oder?
Natürlich nur im Geheimen-
Das wage ich ganz offen und ehrlich, jeder Bescheidenheit zum Trotz, grade heraus zuzugeben.
Wie stehts mit dir?
Aber hier ist das Problem mit Menschen, die sich, wie du und ich, zu Künstlern auserkoren, fühlen.
Wir tendieren dazu, vor unseren Staffeleien auszuharren und Selbstportraits zu malen.
Wir bilden uns selber ab und verlieren uns dabei in jedem noch so kleinem Detail
Übermalen unser Antlitz tausende Male, weil wir nicht zufrieden damit sind.
Weil es nicht lebensecht ist
Wir halten uns für selbstreflektiert doch vergessen dabei, dass man sich selbst nie im Spiegel begegnen kann
Wir verlieren uns in unserem Bild.
Und fällt unser Blick dann doch einmal weg von der Leinwand, hin zu den Wegen, die noch vor uns liegen, haben wir nicht die Muße einen Schritt nach vorne zu wagen.
Wir malen weiter, festgewachsen vor der uns bekannten Staffelei, und begnügen uns mit den Gedanken an das, was wir erreichen könnten
Ich KÖNNTE jeder Zeit den Pinsel weglegen und mich vom Selbst Studium losreißen
Ich KÖNNTE jeder Zeit neue Kunstwerke beginnen.
Die Lister der KÖNNTEs ist endlos.
Die Liste der WERDEs, die zu BINs werden, viel zu knapp.
Reiß dich los! Geh! Beweg dich!
Ein Schritt nach dem anderen!
Und sei dir selbst nicht zu schade, in den Dreck zu steigen.
Denn eine gesunde Schicht Schmutz unter den Sohlen ist das, was dich schützt, wenn du mal in Scheiße trittst.
So, genug der Ratschläge, sonst lasse ich mich noch selbst in das Loch des „Besserwissens und selbst nichts machen s“ zurück fallen.
Couch und Handy stünden schon bereit.
Wie verlockend.
Aber wir müssen stark sein, du und ich.
Wir beide.
Wir, die im Wettkampf zueinanderstehen
Du bist klug, talentiert und hast Träume.
Das ist schön, wirklich.
Aber ruh dich nicht drauf aus.
Es währe so schade, wenn du dich so einfach überholen ließest.
Deswegen,
GEH BITTE!
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