Aurora
Aurora, so schön wie das Meer. Augen so blau wie das Wasser. Diese meerblauen Augen, in denen ich mich einst verlor, strahlen heute nicht mehr. Nein, sie funkeln nicht mehr. Sie hatte so viele Träume, doch nichts bringt ihr Freude.
Aurora, so schön wie die Sonne. Goldblondes Haar, wie ein Engel. Jede Strähne glitzert im Sonnenlicht, weht elegant im warmen Wind. Nein, das will sie nicht hören. Sie hasst Engel. Man erzählte ihr, die Engel werden sie beschützen. Sie weint, sie schreit – kein „Schutzengel“ weit und breit.
Aurora, so schön wie die Sterne. Ihr ungezwungenes Lachen bezaubert jeden, doch sie zeigt es nicht mehr. Hinter jedem kleinen Lächeln steckt nur noch Zwang, Trauer und Schmerz, den sie versucht zu verstecken. Sie hat keine Lust mehr Neues zu entdecken.
Aurora, so hoffnungslos wie eine verwelkte Blume. Nimmt den Schmerz der anderen und trägt ihn in sich. Ihr fehlt die Luft zum Atmen. Sie ertrinkt in einem Meer aus Tränen. Niemand sieht sie leiden, niemand schaut sie an. Nein, sie ist nicht alleine. Sie ist einsam. Trotz allem versichert sie uns „Wir schaffen das gemeinsam.“
Aurora, so zerstört wie eine Ruine. Langsam laufen die warmen Tränen an ihren Wangen hinunter. Langsam sinkt sie immer weiter in den Schmerz. Langsam entfernt sie sich immer weiter vom Licht am Ende des Tunnels. Die Leute sagen „Sie hat sich verändert. Sie ist nichts wert“. Ja, es gibt vieles, dass ihr das Leben erschwert, doch sie hat sich nicht einmal beschwert.
Aurora, so kalt wie Schnee. Sie liebt den Sommer, doch sie verlor all ihre Wärme. Sie liebt da Meer, aber hat Angst vor dem Wasser. Sie liebt die Natur, doch sie sieht nur Wände. Ihr Schmerz nimmt kein Ende. Aurora weint. Aurora hat Angst. Sie will nicht essen. Sie möchte lieber verschwinden.
Aurora, so schön wie die Sonne. Ihre Tränen, ein Ozean auf meinem Gesicht. Ihre Gestalt, das Bild in meinem Spiegel. Ich glaube, ihr Schmerz ist mein. Ich glaube, ihr Herz klopft in mir. Ich beobachte, wie ich mich selbst verlier.
Unendlichkeit. Das Ohne-Ende-Sein von Raum und Zeit, Ewigkeit. Unendliche Liebe. Unendliches Glück. Unendlicher Reichtum. Ja, Unendlichkeit klingt schön, bis es der Schmerz ist, der kein Ende nimmt.
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