Avas Angst
Da sitzt sie im Schlafzimmer, schluchzend. Schon wieder hat sie mit ihm gestritten, schon wieder knallte er mit knallrotem, wutverzerrtem Gesicht die Wohnungstür zu und trampelte nach draußen, wahrscheinlich um sich bei seinen Freunden zu beschweren, was das für eine Last ist, mit ihr eine Beziehung einzugehen. Ava ist am Boden zerstört, sie hasst es so behandelt zu werden. Doch was soll sie tun, sie liebt ihn und weiß, dass er sie auch liebt. Er hat Probleme damit, Liebe auszudrücken. Doch die Beziehung hat Bedeutung für ihn, er sperrt Ava zuhause ein, damit sie sich nicht mit anderen Männern treffen kann und sie weiß, dass er trotz seines schwierigen Charakters auch nie fremdgehen würde.
Manchmal würde Ava ihm sich gerne gegenüberstellen, ihm eine reinhauen, oder ihm nur einfach „Nein!“ ins Gesicht schreien. Doch sie traut sich nicht, der Unmut zieht sie runter. Ihr Verstand ratet ihr wegzulaufen oder ihren Freund wegen Freiheitsberaubung anzuzeigen, jedoch sagt ihr Herz, dass sie die Beziehung pflegen und hier bleiben sollte. Und Ava hört jedes Mal auf ihr Herz, meistens weil sie ihn liebt, manchmal aber auch einfach aus dem Grund, dass sie weder ein Handy, noch einen Hausschlüssel besitzt.
Ein Gefängnis braucht keine Gitter, um nicht ausbrechen zu können, ein Wärter keine Waffe, um dich vorm Ausbruch zurückzuhalten. Ein kleines Fünkchen Angst reicht, um einer anderen Person zu zeigen, welche Macht sie über dich und dein Leben hat. Sogar eine Person, die dich einst so geliebt hat, kann sich dadurch so verändern, dass du sie danach kaum wiedererkennen kannst.
Ava ist gefangen, sie ist es sich bewusst, tut aber nichts dagegen. Sie hat keine Angst davor ihm zu sagen, dass sie so nicht mehr leben kann, keine Angst vor seinem Gesichtsausdruck, nachdem er das hört. Das einzige wovor Ava wirklich Angst hat, ist alleine zu bleiben. Keine menschliche Wärme bei sich zu spüren, das ist ihre Furcht.
Und egal wie sehr sie leidet, ihre Angst vorm Alleinsein wird sie immer verfolgen.
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