Bedingungslos
Hast du dieses Gefühl auch? Dieses Angst-Haben, vor etwas, das nicht sein kann? Dieses Nachdenken in einer Umarmung, sich fragen, ob es echt ist, ob es Grenzen hat, ob Erwartungen gestellt sind, ob diese flexible sind, ob es reicht, dass ich ihre Tochter bin?
Ob sie mich genug lieben?
Stark genug? Tief genug? Bedingungslos genug?
Und dann kommt der Hass, der Hass gegen einem Selbst, weil wie könnte ich es hinterfragen, wie, wie, wie…? Sie lieben mich doch. Sie lieben mich stark und tief und so bedingungslos, dass ich die Bedingungen nicht einmal kenne.
Sie lieben mich und nicht, weil sie es müssen. Sondern weil sie es dürfen.
Wie ich sie auch liebe, weil ich es darf. Weil sie hier sind für mich, weil sie immer hier sind für mich. Bedingungslos.
Sowas darf ich nicht hinterfragen.
Nicht, wenn ich weiß, dass es nicht immer so ist. Das ich Glück hatte. Beim Lotto des Lebens.
Glück, weil sie mich lieben.
Glück, weil sie mich bedingungslos lieben.
Aber was, wenn nicht? flüstert der Zweifel in meine Ohren, flüstert, schreit und kratzt an meiner Haut. Flüstert, schreit und ich ziehe die Umarmung fester. Der Zweifel schreit und die Umarmung grenzt sie aus. Bedingungslos.
Hast du dich auch schon gefragt, ob dieses eine Kleine, ob so etwas nebensächliches, was eigentlich nicht nebensächlich ist, ob dieses eine Große, ob so etwas unveränderbares die Grenze der Bedingungslosigkeit erreicht? Ob sie mich nicht mehr lieben werden, weil ich jemanden anderen liebe? Weil sie sonst okay sind, damit, super okay sogar, aber was, was, was, wenn nicht, weil ich keine Fremde bin? Was, wenn sie einen Fremden bedingungsloser lieben, in diesem einen Aspekt? Was, wenn es sie stört, weil sie so keine Enkel haben werden, weil es aufeinmal kein fremder Begriff, sondern ihre Tochter ist?
Die Angst haut gegen meinen Rücken, stark, dann singt es, eine leise Melodie, eine alte Melodie, singt von Einsamkeit und Hass und Tod und die Übertreibung lacht im Hintergrund, wechselt ihr Gesicht immer wieder, wird zu gesunder Hinterfragung, wieder zu Übertreibung, wieder zur Hinterfragung, wieder zu Übertreibung, bis die Angst mir wieder auf den Rücken haut. Ich ziehe die Umarmung fester.
Bedingungslos.
Und ich mache etwas und es ist so kindlich und trotzdem und als Kind habe ich es immer gemacht, vielleicht war es die Zukunft, die dann an der Tür klopfte, eine Angst, die ich nicht verstand, ein Hinterfragen der Bedingungslosigkeit und es fragt, liebt ihr mich?
Und Mutter antwortet, was sonst, dass sie mich lieben. Jetzt drückt sie mich näher.
Trotzdem, weißt du, das ist das Schlimmste; trotzdem schreit der Zweifel, schlägt die Angst, lacht die Hinterfragung.
Sie lieben mich. Bedingungslos.
Sie lieben mich und werden mich auch lieben, wenn sie es wissen.
Bedingungslos.
Aber was,
wenn nicht?
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