Blasen
Kleine Köpfe und große Köpfe wuchern hinauf gen Himmel, wachsen zusammen zum Licht. Die Alten blinzeln neben denen, die ihr Leben noch offen vor sich sehen. Sie sind Menschen, die sich ziemlich ähnlich sind. Glaube, Liebe, Hoffnung, das Leben wartet nicht, und sie bleiben nicht tatenlos. Sie erschaffen dieses und jenes, auch funkelnde Liebe, die heiß läuft. Gehen zwei Köpfe zusammen und aus zwei werden drei, oder auch vier und fünf. Eine Familie. Sie stehen beisammen. Sie machen weiter.
Die Sonne dreht sich und so auch das Bild von Ihnen. Die einen heben die Köpfe höher, verdienen mehr und werden reicher. Die Großen erfreuen sich des Lichtes und werden größer, manche schneller, manche langsamer. Ein Konflikt kann nicht entstehen, denn schon sind die beiden Hälften weit auseinander. Nur der Gedanke bleibt an die andere Hälfte, und die eine Hälfte beginnt die andere zu projizieren, aber doch nicht scharf.
Die Köpfe bilden Gruppen, und aus der vormaligen Gemeinsamkeit wird Zweisamkeit, und dann doch schließlich Einsamkeit. Die Gruppen bauen und interpretieren sich selbst als Monokultur. Wer glaubt, darf bleiben. Sie sitzen in einem Zug, welchen sie immer schneller fahren lassen wollen, und werfen so viel Kohle wie sie können, merken aber nicht, dass der Ofen bereits dabei ist zu schmelzen. Die Bewegungen erstarren in ihren Zügen, und der Himmel zieht weiter.
Tiefer treibt sie es in ihren eigenen Kern, und sie beginnen Blasen zu bauen, geschützt vor anderem Glauben, anderem Leben, anderen Denken. Wer redet, redet an sich vorbei, denn die Blase lässt zwar nichts rein, aber auch nichts raus. So stehen sich die Menschen gegenüber und schreien einander zu, ohne einander zu verstehen. Nur dumpfe Klänge werden durchgelassen. Jeder ist vom Gegenüber enttäuscht. Die Schreie wiederholen sich, immer weitere Blasen entstehen, bilden Schäume, bequeme Polster.
Sie, die sie nun so ganz unterschiedlich sind, bleiben nicht des gleichen Gemütes. Die einen sehen sich unterschätzt, die Anderen überschätzen sich selbst. Keiner hat Verbündete, es gibt nur die Fronten, hat man keine Blase, so geht man zur größten Gruppe, wo der Schutz am größten ist. Jeder ist davon besessen, dass seine Gruppe Recht hat, denn hätte eine andere Recht, so wären sie im Unrecht, und das kann nicht sein. Der eigene Nachbar ist Feindbild, wenn er anderer Meinung ist. Kein Vertrauen nur Hass und Eifersucht bleiben. Die Hoffnung ist längst gestorben. Den wir wissen, zur Frage: „Können wir noch?“ gibt es keine Antwort. Sie ist mit unserer Zukunft gestorben. Denn eigentlich wollen wir nicht nach vorne, sondern nach hinten.
Uns fehlt der Krieg, die Katastrophe. Gefangen in der Langeweile des Lebens. Und wir sagen uns Ende gut Alles gut. Und ist es nicht gut genug, so ist es nicht das Ende.
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