Bunter Zylinder
Wie jeden Tag musst du auch heute durch den Tunnel fahren. Immer wieder diese großen und hohen Bäume, der graue See und das Gezwitscher der Vögel, bevor du den Tunnel betrittst. Wenn das alles nicht mehr wahrgenommen wird, dann bist du im Tunnel. Im dunklen, langen, schwarzen Loch. Dieser Tunnel verleiht dir ein bestimmtes Gefühl. Jeden einzelnen Tag fühlst du das Gleiche. Durch ihn bekommst du dieses gewisse Gefühl, intensiv nachzudenken. Egal ob du glücklich, traurig oder gar wütend in dem Moment bist, du denkst an alles Mögliche. Im Zylinder. Neben der Fahrbahn ein schmaler Fußgängerweg. Arme Fußgänger. Jedes Mal flackert das Deckenlicht, wenn du hindurchfährst. Das gelbe, düstere, schwache Etwas müsste mal in Ordnung gebracht werden. Viele Autos, einmal links, einmal rechts, vorne und hinten, wollen auch das Ende erreichen. Verursachen jedoch einen ungeeigneten Stau. Jederzeit könnte das Licht ausgehen. Man könnte, geblendet vom Gegenlicht der starken Scheinwerfer, einen Unfall verursachen. Und CRASH! Genau in dem Augenblick, als du über dieses tragische Ereignis nachdenkst, passiert es tatsächlich. Unfall. Ein Autounfall. Der vordere Autofahrer bremste zu schnell. Dies sah der hinter ihm nicht kommen und dann BOOM. Unvorhersehbares Geschehen. Deine Eltern diskutieren über den Unfall . Deine Mutter gibt dem BMW-Fahrer, dem Vorderen, die Schuld, doch dein Vater möchte deine Mutter vom Gegenteil überzeugen. Du findest diese Diskussion ziemlich unnötig. Wie im Kindergarten. Doch plötzlich. Moment mal! Deja-vu? Auf einmal spürst du dieses komische Gefühl, diese Situation schon einmal erlebt zu haben. Gleicher Ort, gleiche Stelle, gleiche Auseinandersetzung.
Es ist heiß im Auto. Du kurbelst die Fensterscheibe hinunter, entscheidest dich aber schnell wieder um, wegen des Lärms der Autos. Bittest jedoch deinen Vater, die Klimaanlage einzuschalten, dieser diskutiert aber noch mit deiner Mutter. Wirst einfach ignoriert. Als wärst du einfach nicht da. Wie gelbe Luft fühlst du dich. Dir ist noch wärmer als zuvor. Deine langen blonden Haare nerven dich zu Tode. Du würdest sie jetzt am liebsten einfach abschneiden. Wo ist nur deine Schere? Sehr schnell bemerkst du auch, dass du deine Haargummis zuhause vergessen hast. Wann kannst du endlich aus dem Auto raus? Du bist recht nah am Straßenrand, an den Tunnelwänden. Du erkennst, wie alt dieser Autotunnel eigentlich ist, wegen der alten rissigen Wände und Felsen. Schließlich erreichst du das Ende und erblickst helles, beruhigendes, friedliches Licht. Du denkst nicht mehr tiefgründig nach, sondern holst deine Kopfhörer, um Musik zu hören. Bist froh! Hast den Tunnel hinter dir gelassen.
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