~ can't help falling in love ~
Ich könnte diesen Text komplett ausplanen.
Mir Notizen machen.
Groß darüber nachdenken.
Oder ich könnte einfach schreiben.
Hals über Kopf.
Harte Äste peitschten mir ins Gesicht, als ich schwer atmend und mit rasendem Herzen durch den Wald ritt. Es war mir ein Rätsel, wie die Stute unter mir mich mit so einer Ausdauer und Kraft bereits stundenlang herumtragen konnte. Ich hatte zwar seit einigen Minuten von meinen Verfolgern kein Geräusch mehr vernommen, dennoch wagte ich es nicht, mich umzusehen, geschweige denn auch nur für ein paar Sekunden Halt zu machen.
Mein Pferd preschte durch den Wald, als wir plötzlich eine Lichtung erreichten. Mich überkam ein ungutes Gefühl, als ich bemerkte, dass es mit einem Schlag deutlich wärmer und heller geworden war. Noch beunruhigender fand ich es, dass sich sowohl mein Herzschlag, als auch mein Atem plötzlich wieder normalisiert hatte.
Als ich mich zögernd umdrehte, musste ich feststellen, dass genau an der Stelle, an der ich gerade aus dem Wald geritten war, eine große, alte Eiche stand, durch die ich nie und nimmer habe kommen können. Auch links und rechts des Baumes standen meterhohe Pflanzen, die keinesfalls einfach zu durchqueren wären.
Langsam stieg ich von meinem Pferd und ging ein paar Schritte auf die Mitte der Lichtung zu, wo ein vermoderter Baumstumpf stand, der schwach leuchtete.
Je näher ich diesem abgeholzten Baum kam, desto wärmer wurde mir. Desto mehr spürte ich sämtliche Aktivitäten meines Körpers. Ich wurde meiner Atmung seltsam bewusst, dem Schlagen meines Herzens, dem Blinzeln meiner Augen.
Durch die dünnen Sohlen meiner Stiefel spürte ich jeden noch so kleinen Kieselstein, ich spürte den leichten Wind auf meinen erhitzten Wangen, ich spürte jeden Muskel, den ich anspannte um meine Beine zu bewegen und mich dem Stumpf zu nähern.
Als ich nur noch ein paar Schritte entfernt war, waren es plötzlich nicht mehr die physischen Gefühle denen ich mir bewusst wurde, sondern psychische.
Ich stand zwei Meter vor dem Baumstumpf, als ich mit einem Mal realisierte, dass ich verliebt war. Ich war nie ein sonderlich pessimistischer oder trauriger Mensch gewesen, aber als ich inmitten dieser Lichtung stand, wurde mir jäh bewusst, dass ich Hals über Kopf verliebt in das Leben war.
Wie sehr ich es genoss, zu leben und zu sein. Wie sehr ich die kleinen, scheinbar unwichtigen Dinge, wie ein zwitschernder Vogel oder eine blühende Blume, schätzte. Wie sehr mir der Gedanke, die vorherige Verfolgungsjagd nicht zu überstehen, unbewusst zugesetzt hatte, weil ich einfach noch nicht fertig war.
Es gab so viele Dinge, die ich noch nicht getan hatte. Soviel gab es noch zu sehen und zu erleben. So viel zu fühlen und zu hören. Ja verdammt, so viel gab es noch zu riechen und zu essen!
Ich war noch nicht fertig. Ich würde noch leben. Ich würde noch glücklich sein; ich würde lachen, weinen, schreien und hoffen. Ich würde lieben, hassen, gewinnen und verlieren.
Ich würde leben. Hals über Kopf.
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