Chaos der Gefühle
Vor mir die weiße Staffelei.
Absolute Stille.
Jetzt.
Ein Ton.
Er durchschneidet die Stille, ich höre nur noch ihn.
Sehe ihn. Kann ihn fühlen, schmecken.
Ich beginne zu malen.
Die Musik beginnt langsam, zärtlich. Gelb auf meiner Leinwand.
Ein dumpfer Ton. Rot.
Die Musik wird schneller. Grün.
Heftiger, impulsiv, aufgekratzt. Blau.
Ich verliere mich in der Musik und schließe die Augen.
Sehe Formen, Farben, Bilder, Orte, an denen ich als Kind war.
Ich spüre mich.
Meine Gefühle, Ängste.
Ich erinnere mich an die Wut, die Tränen und an das Lachen, lasse alles in mein Bild übergehen.
In ein Bild meiner Selbst.
Ich mache die Augen auf. Sehe eine Farbenpracht. Chaos der Gefühle.
Man kann Muster erkennen. Wenn man genau hinschaut.
Ein durchdringendes Geräusch lässt mich aufschrecken.
Die Welt wahrnehmen.
Ich frage mich, ob die Menschen noch empfinden können.
Ob wir noch fühlen können.
Wir sitzen vor dem Fernseher, inmitten weiß gestrichener Wände.
Überschüttet von Medien. Überprüfen Rechnungen, aktualisieren Accounts.
Wann haben sich die Menschen das letzte Mal Zeit für sich genommen?
Das letzte Mal getanzt, sind in die Natur gegangen?
Unberührte.
Keine Parks.
Unsere Welt dreht sich um Politik, Grenzen, Macht. Und Geld.
Manche Menschen hassen ihren Job, aber sie verdienen gut. Es geht ums Geld.
Wir leben, um zu verdienen.
Aber verdienen wir es zu leben?
Sollten wir uns nicht bewusst sein, dass wir leben?
Wir müssen uns ändern. Um die Zukunft zu ändern.
Um zu verhindern, dass wir sind, wer wir werden.
Ich schreibe meinen Namen unter das Bild.
Zeige, wer ich bin.
Und was ich fühle.
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