Cocktail Herz
„Bring dich um, du Schwuchtel! "
„Wie erträgst du es nur jeden Tag in den Spiegel zu schauen? "
„Warum haben deine Eltern dich nicht abgetrieben? "
Solche Kommentare musste Arthur jeden Tag auf Facebok, Twitter und Instagram lesen. Jeder einzelne tat aufs Neue weh. Es fühlte sich an, als würde man sein Herz in 1000 Stücke reißen und es wieder zusammenflicken, nur um es dann in einen Mixer zu stopfen und diesen auf die höchste Stufe zu stellen. Und das jeden Tag in der Woche, jede Woche im Monat. Das Schlimmste war, dass die meisten anonym blieben und keiner wusste, wer sie waren. Diesen Luxus konnte Arthur nicht genießen. Jeder wusste, oder ahnte zumindest, wer er war und was mit ihm gemacht wurde. Doch keiner unternahm etwas. In der Schule wurde er hauptsächlich ignoriert. Nur manchmal traf ihn ein herabwürdigender Blick. Wenn seine Eltern oder Lehrer ihn fragten, ob alles in Ordnung sei antwortete er nur mit einem "Ja ja, mir geht's gut! "
Jetzt denken sich vielleicht manche, warum er seine Accounts nicht einfach löscht. Das hatte einen ganz einfachen Grund: diese Genugtuung wollte er ihnen, seinen Mobbern, nicht verschaffen. Das war doch genau was sie wollten, ihn vergraulen, damit sie sich mächtig fühlen. Also, loggte er sich jeden Tag ein und las. Las, obwohl er wusste, dass es weh tun würde. Las, obwohl, er wusste, dass er wieder in Tränen ausbrechen würde. Las, obwohl er wusste, dass er wirklich über Suizid nachdenken würde.
Es war ja nicht so, dass er nicht versuchte sich zu wehren, nein im Gegenteil. Fast jeden Tag tippte er einen Text: Denkt ihr wirklich, dass mir diese Kommentare etwas ausmachen? Tja, da habt ihr euch geirrt. Die einzigen Personen, die mir leid tun, wenn ich sie lese, seid ihr, weil ihr nichts besseres zu tun habt, als andere Menschen zu beleidigen!
Doch immer, wenn sein Finger auf Enter liegt und kurz davor ist die Taste zu betätigen, rutscht er nach oben und löscht sein Verteidigungs-Werk. Er konnte das einfach nicht uploaden, denn er wusste, dass es nicht der Wahrheit entsprach. Also, beließ er alles beim Alten.
So ging das Ganze sieben Monate lang, bis Arthur es nicht mehr aushielt. Er hatte genug. . .
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