Das erfährst du morgen
Ich öffne meine Augen und starre auf die Decke. Ich liege einige Minuten einfach da und genieße die angenehme Ruhe nach dem Aufwachen. Mein Traum von letzter Nacht war besonders schön, ich habe von einer Blumenwiese geträumt mit dem herrlichen Duft von Pflanzen und hatte das Summen der Bienen im Ohr. Ich habe sogar einen Schmetterling beim Schlüpfen seiner Puppe beobachtet. Zumindest so, wie man es mir erzählte. Ob die Sachen wirklich so funktioniert haben, weiß ich leider nicht und das werde ich auch nie erfahren. Leider. Ich stehe auf und gehe aus meiner Kabine, den Gang entlang, biege zweimal nach rechts ab und spaziere in die Küche unserer Kapsel. „Guten Morgen, Mama“, sage ich mit einem Lächeln, welches langsam verschwindet und Neugier breitet sich auf meinem Gesicht aus. Meine Mutter schaut völlig überwältigt aus, während sie auf ihr Tablett starrt. „Was ist denn? Ist etwas passiert?“ Sie zeigt mir das Tablett und meine Augen weiten sich. Ein paar Sekunden starre ich geschockt auf das Gerät in der Hand meiner Mutter und kann es kaum fassen. Kann es wahr sein? Sind es vielleicht wieder Fake News oder hat man es tatsächlich geschafft? Auf dem Bildschirm war etwas zu sehen, wonach man schon seit einer sehr langen Zeit sucht. Viele Wissenschaftler haben sich bereiterklärt, auf die Suche zu gehen, nach einer Sache, die weit zurück in unserer Zeit liegt und bereits als Mythos gilt. Kein einziges Mal war man erfolgreich und einige Raumschiffe sind nie zurückgekehrt, sie sind in der Tiefe des Alls verschwunden. Eine gespaltene Hälfte eines Planeten war auf dem Gerät zu sehen, mit der Schlagzeile: Alte Heimat wiedergefunden. Der Legende nach sollten Stücke des sogenannten blauen Planeten im All fliegen, auf welchem wir einst gelebt haben, bevor das große Unglück passiert ist. Die Unterlippe meiner Mutter zitterte und sie begann leise zu flüstern: „Sie haben ihn tatsächlich gefunden. Nach all diesen Jahren. Nach all diesen Misserfolgen. Der damals blaue Planet wurde gefunden…naja ein Teil davon zumindest“. Klapp! Das Buch in der Hand meiner Mutter wurde soeben von ihr geschlossen und auf meinen Nachttisch gelegt. „Wieso hörst du auf zu lesen, Mami? Ich möchte die Geschichte zu Ende hören. Was passiert dann? Wie ist das große Unglück passiert?“ Meine Mutter lächelt liebevoll, gibt mir einen Kuss auf die Stirn und sagt nur: „Das erfährst du morgen.“
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