Das Flüstern des Ewigen Tempels
Der Regen prasselte gegen die Windschutzscheibe, während Aron den alten Geländewagen durch den Dschungel lenkte. Hinter ihm lag die Welt, die er kannte- sterile Krankenhausflure, Ärzte, die resigniert die Schultern zuckten und das blasse Gesicht seiner Schwester Lea. Sie war zu krank für jede bekannte Medizin. Doch tief im Regenwald sollte ein Tempel ein uraltes Heilmittel bergen.
Als der Wagen in einer Senke zum Stehen kam, erstarrte Aron. Vor ihm ragten moosbedeckte Stufen empor, die den Tempel trugen. Das Bauwerk wirkte ehrfurchteregend. Mit klopfendem Herzen schnallte er den Rucksack um und trat über die Schwelle.
Die Luft roch nach feuchtem Stein und jahrhundertealtem Staub. Reliefs erzählten von Menschen, die Heilung suchten, von Göttern und Flüssen aus Licht. Jeder Schritt hallte, jeder Atemzug schien den Tempel zu erfüllen. Plötzlich bewegten sich die steinernen Wächterstatuen. Ihre Augen schienen ihn zu mustern, doch kein Laut kam über ihre Lippen. Das Herz Arons schlug schneller, als er jeden Schritt sorgfältig setzte.
Er tastete sich vorsichtig durch die Gänge, über wackelige Steinplatten und durch niedrige Bögen. Fallen lauerten in Schatten und Ritzen, tropfendes Wasser machte den Boden glitschig, und die Kühle des Steins ließ seine Haut schaudern. Manchmal schien ein Luftzug durch die Gänge zu flüstern, als würde der Tempel selbst ihn prüfen. Jeder Raum stellte ihn vor neue Herausforderungen, verlangte Mut, Geduld und Entschlossenheit. Aron spürte, wie sein Herz in der Brust hämmerte, während er die Stille auf sich wirken ließ, eine Mischung aus Ehrfurcht und Angst, die ihn zugleich lähmte und antrieb.
In der zentralen Kammer stand der Altar: ein pulsierender Kristall darauf, umgeben von alten Inschriften und geschnitzten Mustern. Eine sanfte Wärme breitete sich von dem Kristall in Arons Brust aus , wie ein Rhythmus, der direkt sein Herz berührte. Die Wächter verharrten still, doch ihre Präsenz war spürbar, wie ein Hauch von Atem in der Stille, der ihn mahnt und zugleich schützt.
Aron griff nach dem Kristall. Ein leises Knarren hallte durch die Halle, Staub wirbelte auf, doch die Statuen bewegten sich nicht. Er wusste, er hatte die Prüfung bestanden.
Draußen regnete es erneut, als der Tempel ihn freigab. Mit zitternden Händen hielt er das Heilmittel in der Hand, kehrte zu Lea zurück und verabreichte es ihr. Farbe kehrte in ihr Gesicht zurück, ihr Atem wurde ruhiger. Ein schwaches Lächeln huschte über ihre Lippen.
Doch als Aron aus dem Fenster sah, flüsterte der Wind durch die Bäume, als trüge er das Echo des Tempels noch immer. Jeder Herzschlag erinnerte ihn daran, dass das Abenteuer vorbei war , aber sein Nachhall würde bleiben. Ein stiller Rhythmus, der ihm zeigte, dass manche Geheimnisse niemals ganz verstummen, dass der Tempel weiterlebt in jedem Tropfen Regen, jedem Flüstern des Waldes, in jedem Herzschlag, der das Leben weiterträgt und in der Ewigkeit der Erinnerung.
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