Das Lachen
Er rannte in atemlosem Tempo, die Schritte hallten durch den düsteren Gang. Das Krankenhaus, einst ein Ort des Lebens, war nun ein verlassener, geisterhafter Raum. Überall lagen vergessene Dinge verstreut, als wären die Menschen mitten in einer Flucht zurückgelassen worden. Die Lichter flackerten, als wollten sie ihn verraten. Ein unheimliches Lachen - hell und kindlich - hallte am Ende des Ganges, wo sich nur Schatten sammelten. Der kalte Schweiß trat ihm auf die Stirn, als er rannte, schneller und schneller, ohne sich umzusehen. Doch das Lachen folgte ihm, unaufhaltsam, immer näher.
3 Jahre später
Er konnte nicht mehr sagen, ob die Erinnerung an das Krankenhaus ein Albtraum oder ein Stück seiner Realität war. Seit jener Nacht hatte er nie wieder einen Blick in dieses verlassene Gebäude geworfen, aber das Lachen des Kindes verfolgte ihn noch immer, tief in seinem Inneren, wie ein Echo, das nie verklingen wollte. Es war in den ersten Monaten nach der Flucht, als er versuchte, darüber hinwegzukommen. Doch je mehr er versuchte zu vergessen, desto mehr schien die Vergangenheit an ihm zu kleben.
Er hatte alles hinter sich gelassen – die Stadt, den Namen, seine alte Identität – und war nach einer neuen, sicheren Existenz gesucht. Aber in dieser fremden Stadt, in diesem neuen Leben, spürte er die ständige Unruhe, als ob der Schatten der Vergangenheit ihn verfolgte. Die Bilder des Krankenhauses, das verfallene Gebäude, die flackernden Lichter, das Lachen – sie tauchten in seinen Träumen auf, immer wieder.
Er fuhr mit seinem Auto eine einsame Straße. Und dann, eines Tages, fand er sich vor einem vertrauten Ort wieder: dem verlassenen Krankenhaus.
Es war, als ob jemand oder etwas ihn dazu geführt hatte. Eine unerklärliche Kraft. Das Gebäude stand immer noch da, von der Welt vergessen, aber es hatte sich verändert. Es war nicht länger das, was es einst gewesen war – es war… lebendig. Oder zumindest fühlte es sich so an.
Die Tür, die er damals so hastig hinter sich geschlossen hatte, stand diesmal einen Spalt offen. Er stieg aus dem Auto, als wäre sein Körper fremdgesteuert. Jeder Schritt zur Tür war schwer, doch etwas zog ihn – wie ein Magnet. Die Luft war still, zu still. Als er die Tür berührte, quietschte sie langsam auf, als hätte sie ihn erwartet. Innen roch es nach feuchter Erde und altem Metall. Alles war wie damals, und doch. . . anders.
Im Flur lagen dieselben verstreuten Gegenstände, aber sie wirkten nun wie arrangiert.
Dann hörte er es wieder. Das Lachen. Kindlich wie damals.
Sein Herz raste. Er wollte weglaufen. Doch seine Beine gehorchten ihm nicht.
Und dann, aus dem Schatten, trat ein Kind. Blass, reglos. Es lächelte.
Er erkannte das Gesicht.
Er selber – als Kind.
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