Das Licht des Vollmonds

Das Licht des Vollmonds zeichnete die verschneite Landschaft in einem silbernen Schein. Die Berge waren mit einer dicken Schneedecke zugedeckt und das kleine Dorf zu ihrem Fuße vereist und starr. Nur der Fluss im Tale, der zu reißend und wild war, um sich dem Winter hinzugeben, floss stets weiter. Schon längst lagen die Menschen des Dorfes in ihren Betten als es geschah. Nur ein alter Fischer blickte in jener Nacht aus dem Fenster, er sah hinab auf den Fluss, wo ein kleines Ruderboot in den Wellen schwappte. Da sah er noch genauer hin, bis in dem Boot die verschwommene Gestalt eines jungen Mädchens erkennbar wurde. Mit nichts als einem Nachthemd am Leib!

 

Ein Gesicht lugt über`n Bootrand lässt die Sterne außer Sicht

Eins im schwarzen Wasser fern von solchem Licht

 

Die Augen jenes Mädchens sind lang schon stumpf und leer

Das Herz in ihrer Brust eingefror`n und schwer

 

Langsam führt das Mädchen ihre Hand ins Wasser ein

Ist das Gesicht erstmal durchbrochen steckt sie sie weiter rein

 

Sie beugt sich immer weiter über den Rand des Boots hinaus

Sinkt tiefer in die Wellen, gleitet aus ihm heraus

 

Ruhig ist`s unter Wasser, sie schließt die Augen zu

Atmet aus ein letztes Mal, legt für ewig sich zur Ruh

 

Ist dies nicht, was sie wollte? Ein End für all den Schmerz

Warum ist es dann noch schwerer dem Mädchen nun ums Hertz?

 

Zu spät kommt dieser Zweifel, zu tief sank sie hinab

Gebannt vor Furcht und Kälte, die Arme steif und schlapp

 

Eine Hand durchbricht das Wasser, es ist der Fischer Mann

Er packt das junge Mädchen und schwimmt so schnell er kann

 

Erreicht ist`s sichre Ufer, an Land klettert das Kind

Gebrochen ist der Bann, nie mehr ist sie so blind

 

Der Fischer wiederum, blickt auf den nah geleg`nen Wall,

wo das Boot des jungen Mädchens in tausend Stück zerschall

 

Weder das zerfetzte Boot noch der sorgenvolle Blick des Fischers schienen jedoch dem Mädchen Kummer zu bereiten. Denn zum ersten Mal seit Langem schimmerte ein Licht in ihren Augen, so klar und schön, dass es mit den Sternen um die Wette glitzerte. Sie lebte.