Das Tempo einer Katastrophe
Heute hatte sich Nora mit ihren Freunden am Nachtsee, ein paar Kilometer von ihrem Zuhause, zum Eislaufen verabredet. Mit einem komischen Bauchgefühl machte sich das Mädchen auf den Weg.
Am See angekommen rüsteten sich alle mit ausgeborgten Schlittschuhen aus, um den wundervollen Winternachmittag zu genießen. Man konnte das Gleiten der Eislaufschuhe auf der dicken Eisplatte wahrnehmen, das Lachen der Kinder hören und wie die Weihnachtsmusik am anderen Ende des kleinen Sees beim Punschstand ertönte, alles schien perfekt zu sein. Nora und ihre Freunde begaben sich in Richtung Eingang. Alle stiegen auf die Eisplatte außer sie, denn sie hatte Angst. Angst das Eis könnte ihr Gewicht nicht halten, Angst sie würde hinfallen und alle um sie herum würden in Gelächter ausbrechen. „Na komm Nora, sei kein Angsthase. Deine 100 Kilo wird das Eis doch aushalten“, sagte Tim ihr Nachbar. Ein paar ihrer Bekannten schmunzelten. Einige Minuten darauf überwand Nora ihre Ängste und wagte sich auf den zugefrorenen See. Ihre Angstgefühle verschwanden und es machte sich die Freude in ihrem Körper breit. Sie genoss es richtig. Die kalte Winterluft färbte ihre blassen vollen Bäckchen rot. Sie traute sich sogar einmal etwas weiter an den Rand zu gleiten, dabei konnte sie den Waldrand mit all seinen Schönheiten beobachten.
Plötzlich hörte Nora etwas knacksen, sie wusste nicht, woher es kam. Noch ein Knacks, sie senkte ihren Kopf zu ihren Füßen. Ein kleiner Sprung im Eis, kaum zu sehen aber dennoch der Beginn eines Albtraums. Nora wagte es nicht aufzuatmen. Panik stieg in ihr auf. „Nora komm wieder her, wir sollten nicht so weit am Rand fahren“, rief ihre beste Freundin aus weiterer Entfernung, doch da war es schon längst zu spät. In einem raschen Tempo gab das Eis unter Nora nach. Abrupt fiel sie in das eiskalte Wasser, das ihr sofort den Atem raubte. Sie fühlte sich, als würde ihr die Luft aus der Lunge gedrückt werden. Die nassen Eislaufschuhe, die fest an ihre Füße gebunden waren, machten es ihr schwer sich zu bewegen oder halt zu finden. Das Taubheitsgefühl in ihren Fingerspitzen machte sich bemerkbar und ihre Muskeln verkrampften sich. Sie verspürte Panik und Hilflosigkeit. Der Drang nach Luft zu schnappen, wurde immer größer. Letzten Endes kam jede Hilfe für sie zu spät und Nora ging der Sauerstoff aus.
Das Tempo der Katastrophe hat sie eingeholt.
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