Das Ticken des Lebens
Tick, tack. Tick, tack. Tick tack. Das gleiche Geräusch wieder und wieder. Tick. Eine Sekunde. 30 mal tick, 30 mal tack. Eine Minute. 60 mal. Eine Stunde. Sekunde um Sekunde, Minute um Minute, Stunde um Stunde, Tag für Tag: Tick, tack.
Es ist einfach nur ein Geräusch. Zahnräder greifen in Zahnräder und die Zeiger bewegen sich im Sekundentakt: Tick. Wie das leise Tropfen eines undichten Wasserhahns durchreißt es die Stille, begleitet uns auf Schritt und Tritt, im Norden und Süden, dem Osten und Westen. Überall. Oft bemerken wir es gar nicht und doch hat es eine ungeheure Macht. Macht die Zeit voranzutreiben, Tick um Tack, tickt sie voran. Kein Halt, keine Pause, kein Ende. Nur tick und tack. Unscheinbar und doch genug, um unseren Alltag zu bestimmen. Tick, tack. Es ist Morgen. Das Licht scheint orangerot durch das Fenster und die Vögel singen unbeirrt ihre Lieder. Augen werden geöffnet, Zähne geputzt und das Haus einsam zurückgelassen. Tick, tack. Die monotone Stimme des Lehrers wirkt auf die Schülerinnen und Schüler in den stickigen, dämmrigen und ungemütlichen Klassen fast so wie zehn Schlaftabletten. Keiner von ihnen weiß worum es geht. Haben sie Mathe, Deutsch, Englisch, Geschichte? Egal. Was auch immer, es wird begleitet von dem rhythmischen, fast schon melodischen Ticken der Klassenuhr. Tick, tack. Eine Glocke läutet und Schüler stürmen aus dem Gebäude. Alle eilen, hetzen und drängen um so schnell wie möglich zu Hause anzukommen. Tick, tack. Das Mittagessen ist bereits gegessen, Hausaufgaben erledigt, wenn auch nur unter Protest. Tick, tack. Klack. Ein Schlüssel dreht sich im Schloss. Mama und Papa sind da. Der Fußboden ächzt unter den eiligen Schritten der Kinder. Umarmungen werden verteilt und Küsse vergeben. Tick, tack. Fußballtraining, Handball, Volleyball, Reiten oder vielleicht auch mal nichts. Zeit für sich selbst. Frische Luft schnappen oder mal ein Buch lesen, einfach nur zur Ruhe kommen. Es ist ja sicherlich genug Zeit für alles. Oder? Wahrscheinli…. Tick, tack. Teller klirren, Besteck rasselt, Kinder schmatzen. Es riecht nach Nudeln mit Sauce, Schnitzel oder Pizza. Wie war dein Tag? Eine typische Abendessen-Frage. Gut und eurer? Die Antwort. Tick, tack. Schlafenszeit. Die Bettdecke raschelt. Das Bett ist noch kalt, aber der einzige Ort, der nun wichtig erscheint. Arme und Beine fühlen sich schwer und verausgabt an von einem langen Tag. Licht aus, Augen zu und zum ersten Mal verstummt das Ticken. Stille fällt über das Haus, die Stadt und ja sogar das ganze Land. Die Uhrzeit ist unwichtig, kein Stress.
Bis: Rrring. Der Wecker klingelt.
Tick, tack, tick, tack, tick, tack …
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