Das Unmögliche ist möglich
In seinen Augen war Verzweiflung abzulesen, auf seinem Gesicht war nicht mehr das fröhliche Lächeln zu sehen, das für die meisten Jugendlichen seines Alters typisch ist. Eine unachtsame Bewegung am Beckenrand führte beim 16-jährigen vielversprechenden Sportler, der mehrere Rekorde brechen wollte, zu einer schrecklichen Tragödie. Der unglückliche Sturz hat den Jungen am Rollstuhl festgenagelt. Alles, was früher bunt und glänzend war, verblasste auf einmal. Statt Lebensdurst war jetzt die Verwüstung da, statt spannenden Treffen mit Klassenkameraden - langweiliger Alltag in seinen vier Wänden.
Im Schlaf lief und schwamm er fast jede Nacht. Umso schmerzhafter war es, aufzuwachen und zu verstehen, dass das Leben vorbeizieht.
Umgeben von Liebe und Zärtlichkeit seiner Verwandten, ertappte er sich oft dabei, dass ihre Sorgen nur ein Zeichen von Mitleid sind. Der Anblick seiner jüngeren Schwester, die sorglos herumhüpfte, was ihm immer so viel Freude in seinem vergangenen Leben (wie er es jetzt nannte) bereitete, verursachte jetzt Verärgerung, ein Gefühl, das ihm zuwider war, das aber nicht zu überwinden war.
Dieser Abend war nicht anders als die anderen. Zunächst der Wunsch alles zu vergessen, sich in das Lesen eines Kriminalromans zu vertiefen, dann vergebliche Versuche, im Rollstuhl aufzustehen, die schon wieder zur bitteren Erkenntnis führten, dass all dies nicht möglich ist. Dann ein gleichgültiger Blick auf den Fernsehbildschirm und die Hoffnung, so schnell wie möglich einzuschlafen. . .
Er konnte nicht sofort begreifen, was da los war. Alles, was zunächst wie ein Albtraum schien, erwies sich als schreckliche Realität. Die brennenden Gegenstände und der beißende Qualm rissen ihn sofort aus seinem Schlaf. „Wir müssen raus aus dem Haus!“, ging ihm blitzschnell durch den Kopf. Doch sobald er vom Bett in seinen Rollstuhl rutschte und den Rollstuhl zum Ausgang drängte, hörte er den durchdringenden Schrei seiner Schwester, die aus ihrem Zimmer nicht herauskommen konnte, weil der Ausgang von einem brennenden Gegenstand blockiert wurde.
Es blieb keine Zeit zum Nachdenken; er drehte den Rollstuhl in Richtung seiner Schwester und versuchte mit einer kräftigen Handbewegung, ihr Hilfe zu leisten, doch auf seine Stirn trat sofort kalter Schweiß: Ein Rad seines Rollstuhls blieb in einem Riss stecken.
„Geh, bitte“ – rief er der zu Tode erschrockenen Schwester zu, doch sein Schrei ging in der Hitze des Feuers unter. Dann ging ihm der gleiche Ruf "Geh, bitte" durch den Kopf, aber schon an sich selbst gerichtet. Niemand wird später erklären können, welche unglaublichen inneren Kräfte ihn dazu brachten, aufzustehen und zwei Schritte zu machen, um seine Schwester zu retten. Auch er selbst wollte daran nicht glauben.
Als er und seine Schwester von den angekommenen Feuerwehrleuten in die Sicherheit gebracht wurden, brach er erschöpft auf dem Rasen neben dem Haus zusammen und der Satz „Geh bitte, geh bitte“ hämmerte noch immer in seinem Kopf.
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