Der 4. 10. 2022 im Leben des Jungen namens L.
4. Oktober 2022, Italien, Turin:
Hotel Ferrucci, Zimmer 36, 6: 30 Uhr:
Äußerst verärgert darüber, dass sein Bruder A. vergessen hatte, am Vorabend die Weckzeit zu ändern, wachte L. in dem komfortablen Hotelbett auf. Er hätte gerne wie seine 2 jüngeren Geschwister weitergeschlummert, die den Wecker nicht gehört zu haben schienen. Obwohl L. für seine Verhältnisse gute 6 Stunden Schlaf hatte, fühlte er sich fertig und betrübt. Das lag zum einen an seiner Erkältung. Jedoch wusste L. , was hauptsächlich für seine niedergeschlagene Laune verantwortlich war. An jenem Oktobertag würde gegen Mittag die Beerdigung seiner Tante, eigentlich der Tante von L. s Mama stattfinden. Nur deshalb waren sie am Vortag nach Italien gefahren. Eigentlich hätten L. und seine Brüder heute Schule gehabt.
Ihrer Mutter war dieser Tag sehr wichtig, da sie ihrer Tante immer schon, aber vor allem in den letzten Monaten im Kampf gegen einen bösartigen Tumor, sehr nahegestanden hatte. Daher duldete sie keine Verzögerungen beim Anziehen und frisch machen. Zusammen gingen sie hinunter in den Frühstücksraum, wo schon ungefähr die Hälfte der Familie von L. s Mama wartete. Nachdem er mit seinen Großeltern einige Croissants und Orangensaft gefrühstückt hatte, ging L. mit seinen Brüdern zurück auf das Hotelzimmer, um sich für die Beerdigung einen schwarzen Anzug anzuziehen.
Der verwitwete Onkel von L. s Mama hatte jene am Tag zuvor gebeten, dem Leichenwagen, in dem er und seine Tochter sitzen würden, bis zum Friedhof hinterherzufahren. Als sie ankamen, standen schon viele alte Schulkollegen und Freunde und Freundinnen von L. s verstorbenen Tante vor dem Friedhofstor. Die melancholische Stimmung, die L. seit dem Aufwachen verspürt hatte, wurde durch die traurige Menschenversammlung nur verstärkt. Ständig dachte er an seine Uroma, die Mutter der verstorbenen Tante. Die 100-Jährige wusste noch nichts vom Tod ihrer Tochter. Der Junge fragte sich, wie seine Urgroßmutter wohl auf die Todesnachricht reagieren würde. Sie hatte bei den letzten Besuchen immer betont, dass sie genug vom Leben und endlich das Recht zu sterben hätte. L. s Uroma würde sich, nachdem sie erfahren hätte, dass ihre Tochter verstorben war, wahrscheinlich nichts Sehnlicheres wünschen, als wieder mit ihrer Tochter und ihrem im Jahr 2007 verstorbenen Mann Nonno G. vereint zu sein.
Während dem Begräbnis flossen viele Tränen. Auch bei L. selbst und seiner Mama. Sie schien ihm so am Boden zerstört, beinahe verzweifelt weinend. Wie es sein musste, einen der wichtigsten Menschen in seinem Leben zu verlieren. schoss ihm durch den Kopf. L. dachte sofort an seine Freundin N. . Auch wenn sie sich nicht oft sahen und es zwischen ihnen, weil sie kaum redeten, nicht so gut lief in letzter Zeit, liebte L. N. mehr als alles andere. Sie war der wundervollste Mensch, der ihm je begegnet war. N. nie auf diese Weise zu verlieren wünschte sich L. von ganzem Herzen.
Jener 4. Oktober… war mein 4. Oktober
L. … bin ich
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