Der Augenblick der Dunkelheit
Schließe die Augen. Mach sie auf. Ein Baum. Mach sie zu und wieder auf. Leben. Mach sie zu. Finsternis. Nichts. Und auf. Licht, das blendet, Sinne, die gedämpft sind, die Sonne, die irgendetwas von dir will. Langsam kommen die Geräusche. Ganz dumpf. Ein kreischender, monotoner Laut in den Ohren, der in den Tiefen deines Selbst widerhallt. Kurz zu. Wieder dunkel. Ein Schauer, der dich in dieser fremden, aber warmen Finsternis umarmt. Eine Kälte, die die Knochen schmelzen lässt. Arm in Arm geht man mit ihr. Diese Finsternis, die nur auf dich wartet. Und wieder Licht. Immer noch unangenehm. Sehr verschwommen, eine dunkle Gestalt. Fremder als die komplette Finsternis von vorher. „Hal. . . o? Hal. . . ?“ Es ist zu dumpf. Das Licht blendet. Wieder Finsternis. Gedanken fließen durch die Dunkelheit. Sie kehren als Emotionen zurück, die nicht durchdacht werden müssen. Es reicht, sie zu fühlen. Die Dunkelheit ist angenehm und so tief wie ein Abgrund. Ein tiefes, dumpfes Kribbeln. Es greift nach dir. Ich will fallen. In den Schoß der eiskalten Fremden, die mein bester Freund zu sein scheint. Bei dir muss ich an nichts denken. In deinem Schoß bin ich geborgen. Es packt dich am Kragen, zieht dich zurück. Immer noch Licht. Das Pfeifen im Ohr, die dunkle Gestalt über dir. „Ha. . . lo? Jemand. . . wagen.“ Langsam kommen die Farben. Ein Rütteln, Kälte, und Gewimmel. Scharfe, elektrische Gefühle schneiden durch den Schleier und plötzlich kommt alles zurück. Die warmen Sonnenstrahlen, die immer über dich wachen. Die Töne, die dich aufheitern, die Schärfe der vertrauten Bilder. Und du selbst. Alles ist wieder da. Die Erde unter deinen Füßen, der Luftzug des Lebens, der Welt. Und das, was nicht war, die Dunkelheit, die dich verführt hat, ist nun gefüllt mit dem, was ist, mit dem, was immer war: dem Leben. Es hat nur ein Augenblick gefehlt, um in der ewigen Dunkelheit zu bleiben. Doch die Ewigkeit des Moments ist um einiges fesselnder.
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