Der Fehler der Flucht
Schnell und kräftig schlägt mein Herz von innen gegen meinen Brustkorb.
Meine Beine fliegen über den Boden.
Nur für Sekundenbruchteile setzen die Sohlen meiner nackten Füße auf dem steinigen Boden auf.
Drücken sich sofort mit aller Kraft wieder ab und ich sprinte weiter.
Ein scharfkantiger Stein bohrt sich in meine Fußsohle. Hinterlässt einen blutigen Striemen, den man zwischen den unzähligen Verletzungen kaum auszumachen vermag.
Mein Atem geht hektisch, und Blut rauscht unaufhörlich durch meine Adern.
Tränen, die ich mit aller Kraft zurückzudrängen versuche, rinnen mir über die Wangen und weiter die weiße Haut hinab, die im Zwielicht beinahe zu leuchten scheint.
Suchen sich ihren Weg über mein Schlüsselbein, rinnen die nackte Brust herunter und tropfen an den zerkratzten Beinen zu Boden.
Eine Wurzel liegt in meinem Weg.
Ich will darüber hinwegspringen.
Mich kräftig abstoßen.
Doch meine Beine versagen mir den Dienst.
Sie können nicht mehr. KEINEN SCHRITT.
Ich ebenfalls nicht. ICH STOLPERE.
FALLE HIN. Versuche noch, mich mit meinen Armen abzufangen.
Sie knicken unter mir weg.
Hart schlagen meine Knie auf.
Mein Wimmern durchschneidet die Stille. Noch mehr Tränen strömen.
NICHT WEINEN! Schneller laufen.
Mühsam rapple ich mich hoch und renne weiter.
KEINEN SCHRITT KANN ICH MEHR TUN.
Doch ich laufe weiter.
NOCH HUNDERT SCHRITTE UND MEHR.
Meine Füße trommeln schnell über den schmerzhaften Boden.
Einzig allein mein keuchender Atem ist zu hören.
Zeigt, dass ich schon lange nicht mehr kann.
Endlich stehen bleiben muss.
Doch, ich MUSS weiterlaufen.
MUSS FLÜCHTEN.
Vor meinen Fehlern!
Sie dürfen mich nicht einholen.
In meiner perfekten Welt sind FEHLER NICHT ERLAUBT.
Alles muss schön sein.
MAKELLOS.
Deshalb laufe ich weiter.
VERDRECKT.
MIT MEINEM EIGENEN BLUT BESUDELT.
BEREITS SEIT LANGEM AM ENDE MEINER KRÄFTE.
Laufe weiter. . . . . . . . . . . .
Durch diese gar nicht so perfekte Welt!
Versuche, meinen Schmerz auszublenden.
Die Tränen zurückzudrängen.
Ist das richtig?
Weglaufen?
Ist Scheitern wirklich so schlimm?
Schlimmer als das hier?
Blind durch mein Leben zu renne; mit der Vision von einer perfekten Welt vor Augen?
Panische Angst davor zu haben, Fehler zu machen?
Solche Angst, dass ich nicht einmal bemerkt habe, dass alles um mich herum gar nicht so hübsch ist!
Doch nun fällt mir alles auf:
ICH SEHE DAS ROTE BLUT.
DEN SCHMERZ.
ALL DEN DRECK.
DEN HOLPRIGEN WEG.
DAS GEDIMMTE LICHT.
Mein Blick fällt auf meine farblose Umgebung, in der mein tiefrotes Blut umso mehr hervorsticht.
Ich verlangsame meine Schritte.
Bleibe stehen.
Seufze vor Erleichterung.
Das Wissen, mein Leben lang umsonst weggerannt zu sein, gibt mir Kraft.
Genug Kraft, mich mutig umzudrehen.
Fast erwartungsvoll blicke ich meinen Verfolgern entgegen.
Weiß, dass ich jetzt endlich in der Realität ankommen werde.
Nach jeder Fehlentscheidung stärker und klüger weitermachen werde.
Lächelnd schließe ich die Augen, als meine Fehler mich schlussendlich einholen.
JETZT KANN ICH DOCH NOCH RICHTIG LEBEN.
Mit allem was dazugehört!
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