DER KLEINE SCHMETTERLING UND SEIN LICHT
Ein Schmetterling. Klein. Zart. Fragil. Mit Flügeln. So wunderschöne Flügel. Groß. Weiß. Rein. Glitzernd. A real beauty.
Aber, wieso fliegt er nicht? Sitzt nur da! Still und starr. Am Gänseblümchen. Kein Flattern. Keine Bewegung.
„Wieso fliegst du nicht, kleiner Schmetterling?“
„Ich kann nicht mehr.“
„Du kannst nicht mehr?“
Kleiner Schmetterling. So friedlich sitzend. Schau! Seine Flügel! Die Farbe entschwindet! Nun ist die Ermüdung sichtbar.
„Kleiner Schmetterling, du wirkst so matt, warum?“
„Ich bin ja auch müde. Ich habe gekämpft. Mich eingesetzt. Für mich. Für dich. Für alle. Für Gerechtigkeit. Für Frieden. Für alles. Ich kann nicht mehr.“
„Aber kleiner Schmetterling, wofür hast du gekämpft?“
„Ich wollte leuchten. Ich wollte, dass alle leuchten. Es war dunkel. Zu dunkel. Ich konnte nichts sehen. Die Dunkelheit hat uns gefressen. Ich wollte das Monster bändigen, indem ich zum Licht wurde. Je dunkler es wurde, desto heller leuchtete ich. Ich konnte es natürlich nicht alleine. Nein, natürlich nicht.
„Hilfe!“, mein Hilfeschrei.
Hilfe kam. Gemeinsam waren wir stärker. Wir waren wie Sterne im Himmel. Wir glitzerten. Wir glänzten. Es war Licht. Wir waren beides: Sonne, Mond. Wir waren DEIN Licht, für deinen Weg, dein Tun; für alles. Wir funkelten. Immer. Für immer. Bis zu unseren Lebensende.
Zumindest dachten wir das.
Die Dunkelheit. Dieses böse, unbarmherzige, fressende Ungeheuer. Je stärker wir schimmerten, desto dämmriger, finsterer, dunkler wurde es. Die Arme ihrer Finsternis reichten überall hin. Norden, Süden, Osten, Westen. Oben, unten, rechts, links. Jetzt, später, vorhin. Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft. Grenzen? Unbekannt. Ob es sie jemals gab?
Einer nach dem anderen. Die Bestie ergriff uns, einen nach dem anderen. Unerwartet. Unverzüglich. Wir sahen ihre Krallen nicht. So flink. So…unberechenbar. Keiner von uns war sicher.
Dennoch hatten wir Hoffnung. Ja! Hoffnung. Die Quelle unseres Brennens. Die Flamme unserer Laterne. Die Wärme unseres Feuers. Hoffnung. Doch dieses Untier entriss uns wie Kinder von unserer Mutter, Hoffnung.
Hoffnung? Eins. Zwei. Drei. Die Zahl stieg immer und immer weiter. Nun war jeder allein. Keine Hoffnung. Keine Hoffnung auf Rettung, auf Liebe. Auf Leben. Die Hoffnung entschwand und damit unser Licht.
Ich wollte leuchten, dass alle leuchten. Aber es war zu dunkel. Mit jedem Fressen wurde die Schwärze satter, lichtloser. Mit jedem Widerstand ermüdete ich mehr. Bis ich nicht mehr konnte. Ich war allein. Ganz allein. Kraftlos. Machtlos. Erschöpft. Ich kann nicht mehr.“
Der kleine Schmetterling, der anfangs alles so prachtvoll erhellte. Von Augenblick zu Augenblick. Der kleine Schmetterling. Früher mit solcher Pracht, mit solcher Klarheit, mit solcher Unschuld, mit solcher Reinheit. Langsam erlischt sein Brennen. Sein Licht. Sein Leuchten. Es wird dunkler und dunkler. Schwärzer und schwärzer. Es ist pechschwarz.
„Kleiner Schmetterling, wo bist du? !“
Der kleine Schmetterling war weg. Sein Licht erlosch. Von Augenblick zu Augenblick.
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