Der Mensch ist gefangen
Der Mensch ist gefangen, gefesselt von der Meinung der Mitmenschen, der Freunde, der Gesellschaft. Gut zu handeln, richtig zu handeln. Gut auszusehen, die vornehmsten Kleider zu tragen. Die eine, korrekte, tolerierte Meinung zu haben. Den Geschmack der anderen zu befriedigen. Er redet von Freiheit, als wäre er frei, als wüsste er davon. Er ist es selbst, der sich fesselt. Er kopiert die Idole, er folgt der Masse. Er hinterfragt nicht das Beliebte und Moderne, doch kritisiert das Alte und Verpönte. Er hängt sich an die Gesellschaft. Ihre Worte sind Gesetz und ihre Handlungen sind richtig. Sie ist das einzig Wahre und an ihr gibt es nichts Falsches. Ihr darf nicht widersprochen werden. Sie darf nicht kritisiert werden. Er darf nicht aus ihr ausgestoßen werden. Das ist seine größte Angst. Ohne sie ist er niemand. Sie ist alles, was ihn ausmacht. Die Worte, die er spricht, die Ansichten, die er hat, das Leben, das er lebt. Die Gesellschaft bestimmt seine ganze Existenz.
Die Angst, die Panik davor, von ihr getrennt zu werden, lähmt ihn. Er kann seine Individualität nicht zeigen. Er verwirft seine Identität, damit er nicht von anderen verworfen wird, damit er zu ihnen gehört. Der Mensch aber, der es wagt, sich zu zeigen, der seine Meinungen selbst bestimmt und bereit ist, vor den „Richtern“ der Gesellschaft zu stehen und von den Menschen ausgestoßen zu werden, hat sich von seinen Fesseln gelöst. Er ist frei. Der Mut hat ihn befreit.
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