Der Mitbewohner
Die eisige Kälte des sterilen Raums haucht mich an. Die Gedanken rasen und lassen sich nicht mehr sortieren. Ich habe keine Kontrolle mehr. Wie konnte das passieren? Überrollt von einer Welle der Unruhe, sende ich panische Befehle an den zu mir gehörenden Körper. Nichts. Keine Bewegung, nicht einmal das geringste Zucken! Ich spüre, wie sich kaltes Metall durch meine weiche, glitschige Haut bohrt. Die scharfe Klinge eines Skalpells schmiegt sich an meine Zellkörper und versucht, das sich an mich klammernde Gewebe zu durchtrennen. Ich brülle vor Schmerz, doch niemand kann mich hören. Was passiert hier? Ich bin hilflos und habe keine von der sonst mir zur Verfügung stehenden Macht. Ich will, dass der Schmerz sofort aufhört! Bitte quält mich nicht weiter! Doch das Leiden wird noch unerträglicher. Millimeter für Millimeter durchtrennt das Messer die Verbindung zwischen mir und meinem erst kürzlich hinzugekommenen »Mitbewohner«, der mir meinen Platz raubt. Wie lange soll ich das noch ertragen?
Ich bemerke, wie der Schmerz schwächer wird. Langsam verkriecht sich das Übel dieser Qualen. Es ist still in mir und die Kälte macht sich wieder breit. Ein Gefühl der Leere überflutet mich und allmählich, sehr langsam dämmert es mir. Mein Mitbewohner ist nicht mehr bei mir. Verzweifelt und verwirrt versuche ich die Situation zu verstehen. Ich, das Gehirn wurde gerade beraubt. Ob das positiv oder negativ ausgeht, weiß ich noch nicht.
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