Der Puppenspieler
Ich weiß nicht mehr, wie lange ich hier schon stehe, geschweige denn, wie ich hierhergekommen bin.
Ich bin gänzlich gefangen von den Lichtstrahlen, die versuchen, sich durch Baumkronen durchzukämpfen, um schlussendlich auf dem Gras und Moos überdeckten Erdboden zu treffen.
Die Kronen bieten aber nicht viel Platz für die umherirrenden Sonnenstrahlen.
Nur auf der Waldblöße breitet sich ein Lichtkegel aus. Es brennt auf meiner Haut.
Die Wahrnehmung verschärft sich, dass diese Fichten sich auf mich zu bewegen.
Als würde ein Feuer lodern, indem sich jeder Baum von seinen Wurzeln reißen muss, um sich selbst zu retten.
Dass diese Vorstellung lediglich eine Fata Morgana meines Denkvermögens ist, lässt mein Verstand sichtlich aus.
Diese Illusion erdrückt mich. Habe ich in diesem Augenblick Angst vor dem Feuer oder vor der Utopie?
Verliere ich jetzt gänzlich meinen Verstand? Soll ich jetzt den Lügen glauben?
Die Vision festhalten, wie eine Geliebte oder soll ich sie von meiner Seele abschotten, sie in die Dunkelheit schieben und warten, bis sie mich doch einholt?
Trotz all den Versuchen der Kontrolle stehe ich immer noch hier.
Kein Muskel meines Körpers wagt es, sich zu bewegen. Völlig apathisch kämpfe ich wie die Lichtstrahlen um das Überleben.
Ich kämpfe um das Durchdringen. Oder ist das auch nur ein Hirngespinst, was ich zu glauben behaupte?
Ich bin die Marionette des Puppenspielers. Ich greife verzweifelt nach den Fäden meines Lebens, die ich zurückhaben möchte, um aus dieser Situation der Verwundbarkeit zu fliehen. Nur täusche ich mich abermals mit dieser Zeile selbst, wenn ich jemals dachte, ich hätte die Fäden meines Lebens jemals in der Hand gehabt.
Wie töricht von mir.
Es fühlt sich an, als wäre ich ein Teil dieser Fichten. Zu schwach, um sich von den Wurzeln loszureißen und die Wunde mitzutragen. Ich versuche zu rennen, doch der Puppenspieler hält die Fäden stramm und fest. Es gibt kein Entkommen mehr.
Wie soll ich aber die Kontrolle haben, wenn alles, was ich bin, nur eine Lüge des Augenblickes ist? Ich bin der Lakai des Podiums, wo man nicht hinter den Vorhang der Kulissen schauen darf. Hinter der Szenerie, wo sich alle meine schmerzvollen Augenblicke verstecken, in der ich die Kontrolle verlor. Denn ich habe keine Kraft mehr, diesen Zustand zu beenden und mich zu befreien.
Ich kann nur flehen, dass der Puppenspieler Gnade mir gegenüber bringt, sodass er meine Fäden fallen lässt, und ich endlich zu mir selbst finden kann.
Doch ich höre den Puppenspieler maliziös schreien: „Sei mutig, sie verwegen, sei DU.“
Doch selbst, wenn ich in die "stumme" Waldung fahre, spüre ich immer noch die Halluzinationen der Kontrolle und das lässt mich zum Entschluss kommen, dass ich in keinem Augenblick meines Lebens jemals „Ich“ gewesen bin.
Der Vorhang fällt zu.
Wir danken unseren Unterstützern
Mit Unterstützung folgender Wiener Bezirke:
Für Sponsoringanfragen wenden Sie sich bitte an Margit Riepl unter margit.riepl@gmx.at
Wenn Sie "Texte. Preis für junge Literatur" unterstützen möchten, spenden Sie bitte auf folgendes Konto:
Literarische Bühnen Wien, Erste Bank IBAN: AT402011182818710800, SWIFT: GIBAATWWXXX