DER RETTENDE LETZTE EURO
In die Ferne blickend fuhr ich auf meinem Fahrrad den Feldweg entlang. Der Frühsommer zeigte sich von seiner besten Seite und die Sonne wärmte mein Gesicht. Meiner guten Laune aber bald ein Dämpfer verpasst, misstrauisch nahm ich ein graues Auto wahr. Es wurde auffallend langsamer. Ich trat schneller in die Pedale, doch es holte mich sofort ein. Ein überaus mutiges Mädchen war ich noch nie. Auch meine Schreie nutzten nichts, da ich wenig später im hinteren Bereich ihres Fahrzeuges landete. Später zog mich eine dunkel verkleidete Person in verwahrlostes Haus, sperrte mich am staubigen, furchterregenden Dachboden ein. Alle Dinge, die ich bei mir hatte, nahm sie mir selbstverständlich weg. Von diesem Tag an war ich das Mädchen für alles, denn vom Bügeln bis zum Holzhacken musste ich alles machen, damit sie ihren Freizeitaktivitäten nachgehen konnte. An meine Familie dachte ich täglich und die Wehmut wurde in meinem Brustkorb beinahe unerträglich. Die Frau redete kaum, schärfte mir aber ein, keinesfalls eine Flucht zu wagen, doch ich gab nie auf. Es war als weinte der Himmel mit mir, denn es regnete ununterbrochen. Ich feilte an einem detailreichen Plan und plante meinen Ausbruch auf meinem Block in Geheimschrift, denn falls sie meine Aufzeichnungen fände, könnte sie diese zumindest nicht entziffern. Doch solange ich nicht alles festgelegt hatte, war das Risiko, direkt in ihre Arme zu laufen, eindeutig zu groß. Eines Tages fand ich beim Einpflanzen von Kräutern in der Erde einen einsamen Euro.
Mitten in einer Regenpause und Tiefschlafphase meiner Erzfeindin, war der Plan fertig und ich fühlte mich mutig wie noch nie. Ich schlich mich zum einzigen Fenster des Dachbodens und brach das Vorhängeschloss mit einer Zange auf. Mit Schwierigkeiten kletterte ich nach draußen. Plötzlich rutschte ich ab und stürzte, an der Dachrinne konnte ich mich zum Glück noch retten. Der Schmutz, welcher meine Kleidung zierte, war eine Sammlung der letzten Wochen. Mit Adrenalin vollgepumpt lief ich blitzschnell, denn es ging um meine Freiheit. Als ich vom Haus des Grauens weit entfernt war, bediente ich eine einsame Telefonzelle mit dem letzten Euro. Ich verständigte die Polizei und gab die Adresse an. Meiner Bitte, dass keine Sirene verwendet und der Hintereingang abgesichert wurde, sodass sie nicht flüchten konnte, wurde nachgegangen.
Endlich vor meinem richtigen Zuhause angekommen, klingelte ich stürmisch und meine Mama öffnete wenig später, mit tiefen Augenringen. In dem Moment, als ich ihr übermütig in die Arme sprang, war ich emotional überwältigt. Dann kamen auch Papa und meine Schwester dazu und gemeinsam vergossen wir Freudentränen. Überglücklich und stolz, dass ich mein Ziel erreicht hatte, war ich an meinem Geburtstag zuhause.
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