Der schönste Moment meines Lebens
Als ich noch jung war, vielleicht achtzehn oder neunzehn, da war es. Der schönste Moment meines Lebens. Es war auf einem Konzert einer Rockband, ich glaube es war von „Blink-182“. Es war komplett überfüllt, aber sie habe ich dennoch unter den Tausenden gesehen. Ich war mit einem Freund dort. Eine Freundschaft, die später zerbrochen ist. Aber wegen ihm war ich dort und habe sie gesehen. Es war ein Mittwoch, das weiß ich noch. Wir fuhren mit den Öffis nach München, um dort das Konzert zu besuchen. Es war warm. Eigentlich sogar heiß, der Schweiß rann mir den Rücken hinunter. Die Luft war schwül und wir alle erleichtert, als endlich der Sonnenuntergang anbrach. Ein schöner Sonnenuntergang. Die Stimmung wurde ausgelassener, es war einfach nur mehr befreiend. Gerade lief „All The Small Things“, da trafen sich unsere Blicke, sie verhakten sich förmlich. Alles um uns herum verlangsamte sich. Die Zeit blieb stehen. Ich hörte meinen eigenen Herzschlag und als sie lächelte, konnte ich förmlich hören, wie mein Herz für einen Schlag aussetzte und ins Stolpern geriet. Sie hatte sich ihre schulterlangen haselnussbraune Haare zu einem Zopf zusammengebunden, doch vom Feiern hatten sich schon vereinzelte Strähnen gelöst, die nun ihr herzförmiges Gesicht zierten. Sie trug nun das schönste Lächeln, das existierte, auf ihren vollen Lippen. Und ihre Augen. Ihre Augen. Sie waren es, die mich am meisten an ihr faszinierten. Sie waren grau oder blau, so etwa eine Mischung aus beidem, mit grünen Sprenkeln in ihrer Iris, die ihre Augen zum Leuchten brachten. Es waren die schönsten Augen, die ich mein ganzes Leben sehen sollte. Sie hatten mich an jenem Tag in ihren Bann gezogen und nie wieder losgelassen. Und es sind immer noch die Augen, von denen ich träume, an die ich jeden Tag denke und mir dann ausmale, was aus uns hätte werden können.
Wenn wir nicht von der Menge auseinandergedrängt wurden.
Wenn ich sie nicht aus dem Blick verloren hätte.
Wenn ich sie nicht verloren hätte, obwohl sie mir gar nicht gehörte.
Wenn.
Ich sah sie nie wieder. Wir hatten nur diesen kurzen Moment miteinander. Nein, es war kein Moment, ein Moment wäre, wie im Frühling kurz durch den Park zu spazieren und den Schmetterlingen dabei zuzuschauen, wie sie verspielt umherfliegen. Nein, es war kürzer als ein Moment, es war ein Augenblick.
Ich hatte nur einen Augenblick mit ihr.
Und zwar den schönsten Augenblick meines Lebens.
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