Der Snack
Komm heran mein pflanzlicher Freund und lass uns fressen.
Das magere Leben hat ein Ende, mein Kamerad,
Die Fetten Jahre wollen wir beginnen lassen.
Genug ist das neue Verhungert, im Exzess liegt das Mittelmaß,
Das Sodbrennen ist unsere Homöostase.
Der Stimme der Vernunft erbrechen wir in den Rachen,
Auf dass auch sie an etwas Warmen zu würgen hat.
Der Kapitalismus hat uns fürchterlich betrogen,
Nicht immer mehr und mehr, sondern zu viel wollen wir.
Halb geschlungen ist fast verdaut, uns kommt es nicht nur bei den Ohren raus,
Wer kotzen muss, der soll es wieder runterschlucken.
Wenn die Därme platzen, die Putzfrauen sie von den Wänden kratzen,
Dann ist noch nicht genug, sondern gerade erst begonnen.
Voll Wonne geht es in die nächste Runde, jede Stunde ein neuer,
Immer weiter ein Exzess nach dem nächsten und dem letzten.
Volle Kanne geht es voraus in Saus und Braus, das Finale,
Dass es nicht gibt, verschlungen von der reißenden Gier.
Schwer im Magen liegt nur das nicht Gefressene.
Alles schweigt, denn keiner kotzt, das Essen setzt den Kehlkopf außer Kraft.
Aus unsern Mägen brüllt das wilde Verlangen.
Und während die Zuschauer bangen, werden sie verwirrt,
Vom Orkan der Wollust heißt und sich jedem Verständnis entreißt.
Rein und runter, munter geht es weiter, dorthin wo keiner war,
Wo keiner sein will und es vermessen ist anzukommen.
Den Essensberg wollen wir mit den Mäulern schleifen.
Was schauen die kleinen Afrikaner denn so blöde?
Hat man dort vom Snacken noch nicht gehört?
Die frohe Kunde wollen wir verbreiten
Der Stimme des Volkes wollen wir kein Gewicht, sondern Fettleibigkeit geben.
Proletarier aller Länder lasst uns fressen, saufen, scheißen, kotzen.
Das Baguette steht dem Hammelbraten in nichts nach,
Wird doch beides nur als braune Wurst aus dem After gequetscht.
Running Sushi ist das Prinzip der Zukunft,
Wir lassen uns durch Sport nicht bremsen.
Das Verdauen ist uns die Zeit nicht wert,
Wir wollen ein paar Gänge höher schalten.
Die Früchte unserer Arbeit wollen wir frittieren.
Wir wollen das Beste daraus machen,
Denn der Wert steigt mit den Kalorien.
Wer hungern will hat nie richtig gegessen, gewürgt und gestopft.
Nicht Glück auf, Glück ab, soll es für uns heißen,
Abgerissen, abgebissen, abgekaut, abgewürgt, abgekratzt.
Wer vom Fasten spricht, der kennt den Himmel nicht.
Dantalos, wir wollen ihn befreien,
Ihn an der Hand ins Paradies führen.
Auf das Schlaraffenland wollen wir nicht warten.
Wir wollen es uns selbst auf Erden schaffen.
Wir scheißen auf ein unbekanntes Jenseits, der Himmel ist uns das Lokal,
Der Heilige Geist sei uns der Essensduft, Jesus der Koch und Gott der Gastronom.
Der Bauch gefüllt mit Glück, das Herz am Rasen – verliebt sein ist nichts dagegen.
Das letzte Minzblättchen sei willkommen.
Kein Allahu akbar sondern eine Blähung und ein Rülpsen, wenn es uns zerreißt.
Wir danken unseren Unterstützern
Mit Unterstützung folgender Wiener Bezirke:
Für Sponsoringanfragen wenden Sie sich bitte an Margit Riepl unter margit.riepl@gmx.at
Wenn Sie "Texte. Preis für junge Literatur" unterstützen möchten, spenden Sie bitte auf folgendes Konto:
Literarische Bühnen Wien, Erste Bank IBAN: AT402011182818710800, SWIFT: GIBAATWWXXX