Der Tandemsprung
1
Heute ist ein besonderer Tag.
Ich gehe Tandemspringen.
Das Wetter ist wunderschön, die Sonne scheint und die Vögel zwitschern.
Ich werde heute also aus einem Flugzeug springen.
Ich habe Angst.
Ich habe Angst vor der Höhe, davor, dass das Flugzeug abstürzt, davor, dass der Fallschirm nicht aufgeht.
Es könnten so viele Dinge schieflaufen.
Ich könnte sterben.
Doch dann fällt mir ein, ich könnte immer sterben.
Beim Essen.
Beim Sport betreiben.
Beim Autofahren.
Ja, selbst beim Schlafen könnte ich sterben.
Wenn ich darüber nachdenke, wird mir ganz flau im Magen.
Mein Leben könnte also jede Sekunde vorbei sein.
Genau aus diesem Grund denke ich nicht nochmal darüber nach.
Ich werde springen und zwar aus einem Flugzeug.
2
Es ist soweit.
Ich bin an meinen Tandemmaster geschnallt.
Er öffnet die Flugzeugtür.
Wir befinden uns in 4000 Meter Höhe.
Mir wird schlecht.
Ich frage mich, ob es leichtsinnig sei, aus einem Flugzeug zu springen und so höre ich gar nicht, wie mein Tandemmaster bis drei gezählt hat und wir fallen.
Und wir fallen einfach so, als gäbe es sonst nichts Anderes.
Mein Körper wird von Adrenalin durchströmt und in meinem Bauch kribbelt es.
Dieses Gefühl ist wunderschön.
Ich fühle mich frei.
So frei wie noch nie in meinem Leben.
Dann, plötzlich ein Rückstoß, wir werden nach oben gezogen.
Mein Körper zuckt zusammen, eine furchtbare Angst breitet sich in mir aus und mein Herz pocht schneller, doch dann realisiere ich, dass sich nur der Fallschirm geöffnet hat.
Alles ist gut.
Nun segeln wir friedlich auf die Erde zu.
Es ist bezaubernd.
Die kleinen Häuser.
Überall Äcker und Straßen.
Die Welt scheint still zu stehen.
Glück durchströmt meinen Körper.
Ich beginne sogar zu lachen, so schön ist dieses Gefühl.
3
Ich liege in meinem Bett.
Denke nach.
Ich denke nach über den heutigen Tag.
Dieser Tag war einer der schönsten meines Lebens.
Ich spüre noch immer dieses Kribbeln in meinem Bauch.
Der Sprung, die Aussicht, das Gefühl, einfach alles war so atemberaubend.
Ich würde es sofort wieder machen.
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