Der Wind hebt an
Der Herbst kam rasch. Es wurde kalt in der Früh, die Blätter verfärbten sich und starker Wird schüttelte die Bäume. So wie der Wind das rote Laub anhob, kam es auch zu einer Wende in meinem Leben.
Nach der Arbeit ging ich nach Hause. Unterwegs fand ich in einer engen Straße ein Café. Ich war noch nie dort gewesen, aber ich war auf den ersten Blick in dieses Lokal verliebt. Es war so klein und geheimnisvoll, dass ich es betreten musste.
Innen gab es nur wenige Tische und noch weniger Gäste. An der Wand hingen Malereien von Paris und es roch nach Zigarettenrauch und Rotwein. Es war schön warm drinnen und die Staubkörnchen tanzten heiter auf den durch das Fenster hereinscheinenden Sonnenstrahlen. Ich setzte mich neben das Fenster und bestellte mir ein Getränk. Hinter mir saßen zwei betrunkene Männer, die sich laut unterhielten. Sie sprachen über ein Mädchen, Sophie, die ihre Freundin war. Ihrer Beschreibung nach musste sie sehr hübsch sein, mit kurzem, braunem Haar, um die 25. Je länger ich der Unterhaltung zuhörte, desto mehr interessierte ich mich für Sophie. Sie sagten, sie sei klug und humorvoll, und sie liebe die Orgelmusik. Ich liebe die Orgelmusik auch! In meinen Gedanken war sie eine Frau, von der ich immer geträumt hatte. Ich hatte zwar eine Frau, Margó, aber sie war nicht für mich die richtige. Unsere Beziehung war nicht mehr so schön wie früher einmal, ich denke, wir liebten einander nicht mehr. Diese Sophie gefiel mir besser, sie war hübscher, kultivierter und jünger als Margó.
Ich glaubte, ich hätte mich verliebt. Ich musste mit Margó sprechen, dass wir uns endlich trennen müssten. Ich ging nach Hause, aber sie war nicht dort. Während ich auf sie wartete und mir überlegte, wie ich ihr erklären sollte, dass ich in eine andere Frau verliebt sei, suchte ich auf Facebook nach Sophie. Doch meine Frau kam selbst nach einer Woche noch immer nicht nach Hause und Sophie fand ich im Netz erst recht nicht. Ich kehrte oft ins Café zurück, darauf hoffend, dass die zwei Männer dort wieder auftauchen würden, und ich saß da stundenlang, auf sie wartend. Immer wenn eine Brünette vor dem Fenster entlangspazierte, schlug mein Herz bis zu meinem Hals hinauf, weil ich dachte, es sei Sophie. Aber sie war es nie.
Als ich von Sophie träumte, trug sie Margós Gesicht.
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