DIE AMPEL IST ROT
Die Ampel war grün,
dann war sie orange
und nun ist sie rot.
Ich schaute in meine Zukunft und sie war grün! Grün wie das Gras der Wiese in welcher ich als Kind immer saß! Ich lehnte mich mit dem Rücken zurück ins Gras und sah zum Himmel hinauf. Eine Gruppe Gänse flog durch die Luft. Sie konnten fliegen, wohin sie wollten, ohne jegliche Art von Grenzen zu beachten und. . . . TOT. . . . jetzt ist sie tot! Ein Jäger schoss die junge Gans vom Himmel. Die Sonne geht unter und scheint in einem intensiven Orange. Ein Orange, welches so intensiv war, dass man es nicht übersehen hätte können! Es war eine Warnung für alle Beobachter*innen des Geschehens, doch niemand handelte. Wir alle ignorierten die Sonnenuntergänge jeden Abend, bis sie irgendwann aufhörten zu leuchten und es keine Gänse mehr am Himmel gab.
Jetzt schaue ich in meine Zukunft und sie ist rot! Rot wie das Stoppschild an der Straßenecke vor mir. Es gibt keinen Weg vorbei und von hinten schieben sich schon die nächsten Fahrzeuge an mich heran. Das Ende der Kolonne ist nicht in Sicht. Die letzten Autos sind so weit entfernt, dass sie ihren ganzen Sprit wohl beim Warten verschwenden werden. Ich sitze am Lenkrad und stehe unter Schock! Was soll ich tun? Nach rechts abbiegen oder frontal gegen die Hauswand fahren? Stehen bleiben ist keine Option, denn hinter meinem Rücken wird das Hupen immer drängender. In meinen Ohren beginnt es zu pochen! Das rhythmische Geräusch der Motoren wird so laut, dass ich nur mehr ein Rauschen höre. Mit jeder Minute steigt der Druck. Meine blassen Hände beginnen zu zittern und ich schwitze am ganzen Leib. Zuerst sehe ich verschwommen und dann für einen kurzen Moment wird alles schwarz! Nicht rot! Nein, schwarz! Es ist schwarz. Ich kann nichts mehr sehen. Alles um mich herum ist schwarz!
Das Hupen reißt mich zurück in die Wirklichkeit. Am liebsten wäre ich aus dem Auto gesprungen und hätte Gott und die Welt angeschrien mir mehr Zeit zu geben, doch diese habe ich nicht und sie wird mir auch nicht gewährt. Somit mach ich die Augen auf, drücke langsam aufs Gaspedal und fahre nach rechts. Vorbei am Stoppschild und der schönen kleinen Seitengasse, in welcher die Häuser Blumenkisten auf den Balkonen haben. Ich nahm die vierspurige Straße auf der rechten Seite, wie jeder andere auch.
Gibt es Hoffnung, dass ich die kleine nette Seitengasse je wieder sehen werde? Die Möglichkeit bleibt bestehen, denn nach jahrelanger mühseliger Fahrt werde ich möglicherweise wieder an einer Straßenkreuzung stoppen und mich entscheiden müssen. Wer weiß- vielleicht bringt mich eine neue Straße zurück an mein Ziel- solange ich nicht die Orientierung verliere. Ich schau in den Rückspiegel und sehe den leuchtenden Sonnenuntergang wieder, welcher erneut alle Autofahrer*innen dazu drängt, sich das Offensichtliche einzugestehen: ein Sonnenuntergang, welcher inzwischen die Farbe Rot trägt!
Die Ampel ist rot,
vielleicht in der Zukunft noch einmal orange,
aber sicher nicht mehr grün!
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