Die Angst, alt zu werden, ohne gelebt zu haben
„Schwester, Schwester, komm, gehen wir endlich zum Spielplatz! “, riefen meine Geschwister. Sie rannten auf mich zu, umarmten mich und Hand in Hand machten wir uns auf den Weg.
Ich höre das Zwitschern der Vögel *tick*, das Lachen meiner Geschwister, den Wind, der durch die Straßen weht, und die Blätter, die langsam auf den feuchten Ashphaltboden fallen. Da ist noch etwas *tack*, das ich höre, ein mir ganz bekanntes Geräusch, es kommt aber nicht von außen, es ist in mir, in meinen Gedanken, nein, das sind meine Gedanken, das ist schon ein Teil von mir.
„Tick tack tick tack. . . “, es kommt mir sehr bekannt vor, dieser Takt, den kenne ich, seit ich denken kann, dieser Klang begleitet mich schon ein Leben lang, am helllichten Tag sowie in der finsteren Nacht.
Es bringt mich um, nicht einmal tief ein- und ausatmen zu können, ohne befürchten zu müssen, dass mir die Zeit einfach davonrennen könnte.
Jeden Tag und jede Stunde höre ich meine innere Stimme das Zitat von John Lennon flüstern: „Leben ist das, was dir passiert, während du damit beschäftigt bist, andere Pläne zu machen.“ Sie lässt mich nicht in Ruhe, nicht einmal, wenn ich schlafe.
Was, wenn die Zeit viel zu schnell vergeht?
Was, wenn ich es nicht schaffe, das zu erreichen, was ich mir schon mein ganzes Leben lang vorgenommen habe?
Was, wenn ich meine Kindheit nicht so lebe und genieße, wie ich sollte?
Was wenn ich es nicht schaffe, den Sinn der Liebe, der Freude, einfach den Sinn des Lebens zu enthüllen?
Was, wenn ich es nicht schaffe, aus meinen Fehlern zu lernen, bevor die Zeit erlischt?
Was, wenn die Zeit vergeht, bevor ich geliebt, gehasst, gemocht, geehrt habe und werde?
Das nennt man Angst. Angst davor, alt zu werden, ohne gelebt zu haben.
Ich höre wieder das Lachen der Kinder, meiner Enkelkinder, und wie sie mit meinen Freunden und meiner Familie für mich „Alles Gute zum Geburtstag, liebe Oma“ singen.
Ein ganzes Leben lang lebte ich voller Angst und habe das Jetzt, die Gegenwart nicht geschätzt.
Es ist genug! Erst nach vielen Jahren habe ich verstanden, dass alles auf dieser Welt seine Zeit hat.
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