Die Angst der Fledermaus
Stille ward, der Mond schien nicht
Zu sehen war kein Schimmer Licht
Die Nacht war schwarz, das Wasser grau
Der Himmel dunkel, der Wind war lau
Finsternis im ganzen Land
Als wäre Hoffnung unbekannt
In diesem unendlichen Nichts
Im Reich der Schatten, fern des Lichts
Brach ein Schluchzen den Stillebann
Das man doch nur vernehmen kann
Wenn man selbst als Geschöpf der Nacht
Bis jetzt die Zeit in Ruhe verbracht
Eine Eule hörte diese Klagen
Und begann sich alsbald zu fragen
Was der Grund des großen Kummer
Die den Wald störte in seinem Schlummer
Und so flog sie schließlich bald
Auf leisen Schwingen Richtung Wald
Auf einem Ast am Waldesrand
Sie endlich den Trauertäter fand
Im Geäst saß eine Fledermaus
Die sah vollkommen fertig aus
Und klagte bitterlich immerfort
Die Eule verstand zuerst kein Wort
„Fledermaus, warum die Klage?
Was ist es denn, das dich da plage?“
„Ach, mein liebes Federvieh
Meinen Trauergrund errätst du nie!
Denn ich habe etwas verstanden:
Mein Schicksal hier in diesen Landen“
„Fledermaus, was ist denn mit dir?“
„Ach Eule, zu Ende geht es mit mir!
Etwas Schreckliches wird mir widerfahren
Ich kann den Schreck noch kaum gewahren
Denn gibt die Sonne der Welt den Morgenkuss
Heißt das, dass ich sterben muss!“
„Fledermaus, warum denkst du denn das?“
„Ach Eule, den Grund ich doch kaum selber fass‘
Das Licht wird mich töten, ich kann es versprechen
Ich sah nie mehr als den Tag anbrechen
Ich sterbe wohl, denn ich kann nicht mehr sehen
Was nach der Dämmerung wird geschehen“
Mit diesen Worten entflammte im Osten das Morgenrot
Die Fledermaus schrie in bitterer Not:
„Leb wohl, meine allerliebste Eule!
Verstehst du jetzt, warum ich nachts heule?“
Und als der erste Sonnenstrahl sie traf
Versank sie in einen tiefen Schlaf
Die Eule blieb sitzen und beobachtete stumm
Das Geschehen um sich herum
Wie das goldene Licht die Bäume färbte
Und die Schatten von den Blättern gerbte
Und dann flog sie leise zurück in ihr Nest
Und die Fledermaus schnarchte tief und fest
Denn wenn die Angst das Tun bestimmt
Und uns jegliche Freude nimmt
Wenn die Gedanken sich stapeln und verwirren
Und wir durch ein Labyrinth aus Sorgen irren
Dann regieren Schatten unsere innere Welt
Bis durch eine Lücke Licht in unsere Seele fällt
Man muss danach greifen, wie nach einem Rettungsseil
Und einen Ausweg suchen, das ist wichtig, weil
Wenn wir uns der Finsternis ergeben
Bleibt uns kein rechter Sinn im Leben
Doch Dunkelheit ist nicht das Ende allemal
Such einfach nach dem Sonnentrahl.
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