Die Couch
„Meld dich endlich an einer Uni an!“, „Mach doch endlich den Führerschein!“, „Beeil dich und such dir schnell einen Job!“, „Iss die Suppe schnell, sonst wird sie kalt!“, „Such dir einen Partner aus, der dich gut behandelt!“.
Doch alles, was ich bloß höre, ist: „TEMPO! TEMPO! TEMPO!“
Wohin mit diesem Tempo? Wohin wird es mich führen…? Wieso stresst es mich so sehr? Wieso macht es mich so müde? Wieso macht es mich so ängstlich? Wieso setzt es mich so sehr unter Druck? Wieso lässt es mich nicht in Frieden leben?
Ich habe gerade erst die Schule abgeschlossen und schon muss ich etwas Neuem hinterherrennen! Was, wenn ich das Tempo wechseln und einmal mein eigenes Tempo wählen will? Wäre das wirklich so schlimm? „Nein Mama! Ich will jetzt nicht studieren! Ich will- Ich will erstmal wissen, was ich überhaupt will! Vielleicht will ich auch für einen Moment mal nichts und einfach nur leben!“.
Der September hat begonnen, der Sommer ist vorbei und die Welt folgt wieder diesem verdammten Tempo. Aber ich… Ich sitze auf meiner kuscheligen Couch und mache einfach mal: nichts! Zum ersten Mal in meinem Leben fühle ich mich… frei! Ich bin ein freier Mensch und nichts und niemand nervt mich oder verlangt etwas von mir! Es ist so schön frei zu sein! Es fühlt sich so gut an! Wieso fühle ich mich so gut? Wieso fühlt es sich so gut an frei zu sein?
Wochen vergehen und ich sitze noch immer auf der selben Couch die langsam nicht mehr so kuschelig ist. Sie erinnert mich fast an eine Zeit, tief in der Vergangenheit, die ich doch längst vergessen haben sollte… Eine Zeit, in der ich noch von einem gewissen Tempo getrieben wurde. Aber Schluss jetzt mit den Gedanken! Ich werde jetzt schlafen! Aber gerade fällt mir wieder etwas anderes ein, was ich einst, vor langer Zeit, gesagt und getan habe… Was hat dieses blöde Tempo bloß aus mir gemacht! ! ! Aber Schluss jetzt! Jetzt ist wirklich Schlafenszeit! Aber ich kann nicht schlafen! Du musst! Ich kann aber nicht: Es ist… zu ruhig.
Monate vergehen und ich sitze noch immer auf der selben Couch und mir tut alles irgendwie weh. Was mache ich bloß mit meinem Leben? Mit meiner Zeit? Vielleicht brauch ich wieder ein Tempo… Nein! Auf gar keinen Fall! Darauf falle ich nicht noch einmal rein! Ich werde ganz sicher nicht irgendeinem blöden Tempo folgen und schlussendlich etwas werden, was ich nicht werden will! Ich will träumen! Ich will leben! Ich will frei sein! Aber du bist doch gerade frei… Ja, ich weiß! Warum fühlst du dich dann nicht frei?
Und dann viel mir ein… , dass es nicht das Tempo war, was mich nicht frei fühlen ließ: Ich war es.
Es war meine Einstellung. Meine Sicht auf das Leben. Meine Angst, meine Träume nicht verwirklichen zu können, weil ich stattdessen einem Tempo folge, das mir aufgezwungen wurde und mich ein Leben leben lässt, das ich nicht leben will…
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