Die Ewigkeit eines Moments
In fernen Tagen, wenn die sanfte Brise des Alterns dich gestreift hat und Erfahrung an deinen Lippen hängt, wirst du nachdenken.
So viel hat sich verändert, in der Zeit.
Damals verstrichen Minuten haltlos, heute hat jeder Moment die Möglichkeit zur Unendlichkeit.
Nur ein Gedanke, ein Knopf und du erhältst Zeit im Übermaß.
Du könntest aufhören zu altern; du könntest den letzten Sonnenstrahl im Sommer festhalten oder die Blätter zwingen an den Bäumen zu bleiben.
Und doch bist du nicht glücklich mit deiner Zukunft, mit allem was du haben könntest.
Es ist ein Geschenk, keine Frage.
Aber es ist nicht das, was du wolltest.
Dinge, die man liebt, haben ihre Endlichkeit verloren, und in irgendeiner Weise scheint das ihren Wert in deinem Herzen herabzusetzen.
Du erinnerst dich zurück, wie es war, als Sekunden noch einfach nur Sekunden waren. Früher verblassten Lächeln, Glühbirnen gingen aus, Blumen verwelkten und verloren ihren Glanz und Abschiedsküsse wurden verteilt.
Am Liebsten dachtest du aber über die Unbeständigkeit der Wolken nach. An manchen Tagen starrtest du Stunden um Stunden hinauf ins blaue Zelt, hattest die schwebenden Formen beobachtet, wie sie vergingen, nur Illusionen und Rauch, ohne Sinn und doch wunderschön.
Jetzt könntest du jede einzelne von ihnen als bleibendes Gemälde am Himmel scheinen lassen.
Alles hat seinen Reiz verloren, denkst du.
Du schüttelst bedrückt den Kopf.
Viele Menschen haben sich in diese Kontrolle verliebt. Genießen Ewigkeit und Glücksgefühle mit der Versicherung, dass es immer so bleiben kann. Sie könnten nicht mehr ohne diese Errungenschaft, ja manche sagen sogar Zauber, überleben, und das weißt du auch.
Trotzdem sitzt du hier, ein bisschen einsam und mit ein bisschen Schmerz im Herzen, und denkst, dass es gut so ist.
Immerhin kannst du noch entscheiden.
Du kannst entscheiden, ob deine, unsere Zeit verrinnt.
Ein Lächeln huscht dir über die Lippen.
Du nimmst meine Hand und drückst sie ein wenig. Die sanfte Wärme erinnert dich an all die Sonnenuntergänge, die du dir in deinen Jahren angesehen hast. Deine Lippen öffnen sich, versuchen die richtigen Worte zu finden, und dein Blick richte sich auf ein fallendes Blatt. Der Herbst scheint den Sommer mit einem bittersüßen Kuss gehen zu lassen.
„Ich denke, ich verstehe, wieso manche all das hier brauchen. Aber gerade jetzt, hier, ist auch dieser Moment gefangen. Gefangen in all seiner Schönheit durch die Relativität der Zeit, in absoluter Perfektion.“
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