Die Klinge der Befriedigung
Jedes Mal, wenn ich meine Augen schließe, sehe ich dich. Ich kann nicht mehr alleine raus gehen, geschweige denn alleine in meinem Haus sitzen. Jeden Kontakt mit anderen Personen versuche ich zu vermeiden. Das Schloss an meiner Haustür habe ich durch drei Schlösser ersetzt und diese muss ich noch jedes Jahr erneuern lassen. Aber auch das hilft mir nicht wirklich. Es gibt mir kein Stück von Sicherheit und wer ist daran schuld? Du! Du bist daran schuld! Ich habe nicht eine Sekunde Ruhe vor dir. Das Einzige, wo ich noch etwas Zuflucht vor dir finde, wo ich einen freien Moment genießen kann, ist wenn ich mich in meinem Badezimmer einsperre, mir meine Rasierklinge hole, um langsam zu versuchen, einen größeren Schmerz zu spüren als wie diesen, den du mir zugefügt hast. Ich habe mir sogar einen Schleifstein in mein Badezimmer gelegt. So muss ich nicht nach draußen, um eine neue Rasierklinge zu kaufen. Doch jedes Mal, wenn ich versuche, einen größeren Schmerz zu spüren, versage ich. Immer und immer wieder. Jedes Mal versuche ich es erneut. Ohne Erfolg. Noch immer schwirrst du in meinem Kopf. Meine Gedanken kreisen nur noch um dich. Um diese Stunden. Minuten. Um diese eine Nacht. Eine Nacht, die ich nie wieder vergessen werde. Eine, die mich bis ins Grab verfolgen wird und die mich bis auf meine Knochen zerstört hat. Du hast mein Leben zerstört und niemand kann mir mehr helfen. Keine Sekunde kann ich mich mehr normal fühlen. Ich versinke in einem Loch voll Trauer, Wut und Angst. Alles zusammen kocht in mir hoch und es gibt nichts, dass dieses Gefühl stillen könnte. Die Versuche es zu bewältigen, gingen jedes Mal kläglich schief. Ich kann nicht mehr. Ich kann einfach nicht mehr. Ich hasse mein Leben und nur du bist daran schuld. Wie kann ein Mensch so etwas machen? Was hat dich dazu gebracht, mir das anzutun? Doch du hast es gemacht. Du bist der Schuldige. Der Schuldige, der dafür büßen sollte. Doch du lebst dein Leben wie zuvor. Du hast keine Probleme. Nichts, dass dich nachts wachhält. Du hast mir alles genommen und das hast du alles in einer Nacht geschafft. Unglaublich. Ich höre noch immer, wie du meine Haustür versuchst aufzubrechen. Das Klirren des Schlosses, als du es geschafft hast, in mein Haus einzudringen. Deine Schritte, die auf den knarrenden Stufen in meinen Ohren quietschen und ich dich auf einmal vor mir sehe. Wie du zwischen der Türschwelle von meinem Zimmer stehst und mich anstarrst. Ein Starren, das mir einen Schauer über den Rücken laufen lässt. Ein Schauer, der sich in meinen Kopf gebrannt hat. Der nächste Augenblick, der in meinen Gedanken verweilt ist, ist der, indem du mich versuchst, auszuziehen. Kleidungsstück für Kleidungsstück. Socke für Socke. Ganz langsam. Im nächsten Moment liegst du auf mir. ich spüre, wie du versuchst deine widerliche Lust auf mir zu befriedigen. Ich schließe meine Augen. Das Einzige, was noch mit einem Hauch von Stimme aus mir raus kam, war“geh, bitte”. Ein“Geh bitte”, dass du gekonnt ignoriertest.
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