Die Omnipräsenz des Selbst im Bezug auf eine alltägliche Äusserung oder warum dem Satz „Es ist genug“ zwei Worte fehlen.
Jeder sagt es, jeder hört es, und jeder stand mindestens einmal in seinem Leben trotzig vor seinen Eltern und starrte finster wie der dunkelste Nacht auf den Boden, wenn die übermächtige Mutter die Worte sprach.
„Es ist genug.“
Ein simpler Satz. Drei Worte. Und doch komplizierter, als er den Anschein macht. Freudig lächelt die Geigerin am Strassenrand, wenn ein paar Münzen in ihren Koffer fallen und sie genug hat, um essen zu können. Zeitgleich verzweifelt der Banker, weil er heute nur ein paar Münzen verdient hat, denn für ihn ist es nicht genug. Obwohl die Geigerin von der Strasse fast ewig essen könnte mit dem, was auf seinem Konto steht. Genug ist für jeden Menschen etwas anderes. Und deshalb sollten wir uns immer genau überlegen, wann wir den Satz „Es ist genug“ verwenden. Wir müssen nämlich immer im Hinterkopf haben, dass dieser Satz eigentlich bedeutet: „Es ist genug für mich.“
Während das „für mich“ infolge eines sprachtechnischen Sparkurses im Laufe der Zeit leider verloren gegangen ist, bleibt seine Wirkung für die Aussage bis heute unbestritten. In jedem „genug“ steckt auch ein Ich. Hab ich genug von den James Bond-Filmen? Ja. Wird der nächste Bondfilm wieder Millionen an den Kinokassen einspielen? Höchstwahrscheinlich. Warum? Weil andere noch nicht genug haben. Ich fordere deshalb jeden Menschen, der sich anmasst, „es ist genug“ zu sagen, dazu auf, von nun an doch bitte den wichtigen „für mich“-Teil hinzuzufügen, um den sprachlich nicht ganz so geschickten das Verständnis zu erleichtern. Denn es gibt einige, die definitiv noch nicht genug gelernt haben. Gleichzeitig gibt es aber auch viele, die zu viel gelernt und den Bezug zum Alltag verloren haben. Was ist da das Mittelmass für ein gutes Leben. Ihr ahnt es. Genug lernen.
Vielen Danke für eure Aufmerksamkeit ihr armen Seelen, die ihr auf der Seite text. wien einen simplen Text zum Thema genug gesucht habt und stadtdessen über einen pseudophilosophischen Möchtegern-Autor gestolpert seid. Nun, euch sei im Bezug auf das Thema „genug“ noch ein letzter Satz gesagt. Ihr habt in meinen Augen (eine Alternative für: „für mich“) genug von diesem Text gelesen. Auf Wiedersehen.
PS: Sollte es in euren Augen noch nicht genug gewesen sein. Euer Pech. Hier ist Endstation.
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