Die Rückkehr
Ich bin wieder zurück. Zurück in der Heimat. Jedoch erkenne ich sie nicht mehr. Die Straßen sind nicht mehr die gleichen, die sie früher waren. Sie wurden nach den Bombeneinschlägen komplett erneuert. Mein liebstes Café wurde ebenfalls komplett zerstört.
Die Menschen wirken so anders. Sie sind traurig und strotzen nur vor Trübsal. Wir wurden nicht gefeiert, wie wir es uns ausmalten. Stattdessen begegnete man uns mit Bösartigkeit. Wir sollen die sein, die das Reich zerstört haben. Ich habe mit meinen Freunden für unser Land gekämpft. Das führte dazu, dass ich sie beerdigen musste. Vielleicht ist es ja das Reich, das uns zerstört hat. Jeder erwartete etwas von uns und nachdem wir es durchgeführt haben, sind wir plötzlich der Feind. Im Nachhinein ist das leicht zu sagen. Aber hat sich vorher wirklich niemand gedacht, dass es eine schlechte Idee ist, einen Krieg zu führen? Ich würde alles dafür geben, um meine Freunde zurückzuerhalten.
Lena besuchte mich am Tag meiner Anreise. Ihre Lippen waren kalt und lieblos, als sie mich zur Begrüßung küsste. War ich es, der sich verändert hatte oder sie? Haben wir uns nicht unfassbar geliebt? Wollten wir nicht heiraten, wenn ich aus dem Krieg zurückkehre? Ich liebe sie noch, aber sie hat mich vergessen.
Es war schwer, sich wieder ins Arbeitsleben einzufinden. In den vier Jahren hatte sich die Technologie verbessert. Überall waren höher qualifizierte Arbeiter als ich. Nach einer kurzen Zeit wurde ich gefeuert. Vielleicht war es besser so. Einerseits ist die Technik zu schwer für mich, andererseits wurde ich die letzten Jahre gezwungen zu töten, wie kann ich denn nun so tun, als wäre alles normal?
Ich wollte mich von meiner neuen Arbeitslosigkeit ablenken. Früher liebte ich das Schreiben. Nun kommt mir nichts mehr in den Sinn außer den schrecklichen Erinnerungen an die grausamen Jahre. All das Leid und der sinnlose Mord. Wieso können sich die Menschen nicht einfach lieben?
Im Krieg kämpften wir als Brüder, in der Heimat kämpfen wir gegeneinander als Feinde. Jeder gibt dem anderen die Schuld. Niemand möchte die Probleme lösen. Früher führte ich gerne lange politische Diskussionen. Jetzt bin ich dem überdrüssig. Selbst wenn ich es wollte, sind meine Freunde alle schon in der nächsten Welt.
Ich finde keinen Anschluss mehr. Alles ist anders. Ich kenne die Stars von heute nicht. Ich weiß nichts über die neuartige Technik. Das einzige, das ich weiß, ist, dass ich einsam bin. Weder Lena, noch Vater oder Mutter sind dieselben, die ich kannte. Sie sind so kalt. So fern.
Die Nächte sind unerträglich. Alpträume plagen meinen Schlaf. Oft sitze ich auf meinem Bett und denke zurück. An die Welt, wie sie vorher war.
Ich bin nicht wieder zurück. Nichts ist so wie es mal war. Es gibt keinen Platz mehr für mich.
So beendete er seinen letzten Text, der neben seinem leblosen Körper aufgefunden worden ist. Der Tod war der Einzige, den er noch kannte.
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