Die Sehnsucht sitzt im Gefängnis der Umsicht.
Eine Autorin hat mir einmal gesagt: „In uns sitzt ein Kritiker und kommentiert alles, was wir machen. Manchmal lässt er uns Dinge nicht tun, die wir später bereuen. Während du schreibst – stelle ihn ab. Du befindest dich in einem mit blauem Schleier verdeckten Traum.“
Deswegen: Schlaf, Kritiker.
Das, was zu oft gesagt, aber umso seltener getan wird: „Sag Menschen, wie wichtig sie dir sind. Sag und zeig es ihnen.“
Ob ich mich das aber traue?
Du wirst das niemals lesen, also schreibe ich ohne Angst.
Du hast mir einmal gesagt, es wäre egal, wenn es dich nicht mehr gibt – die Welt würde nicht untergehen. Ich sagte damals bloß: „Sprich für dich.“
Doch in diesem Augenblick hat es so weh getan.
Ich konnte dir doch nicht sagen, wie ohne dich die Welt nicht Welt sein kann.
Wie sehr mir dein Lächeln fehlen würde.
Wie sehr deine Umarmung ich vermissen würde.
Wie es ohne dich so weh tun würde. Mehr. Mehr als sonst.
Ich könnte ohne dich nicht glücklich sein.
Nicht so schmerzlich glücklich, wie ich es jetzt gerade bin.
In meinem Blick hättest du es lesen können.
Und du hättest gesehen, dass – auch wenn du denkst, du wärst nutzlos – es jemanden gibt, der dich braucht.
Jemanden gibt, der dich versteht.
Und dieser jemand kann nicht ohne dich.
Als wir an einem Gruppenabend beim Spielen nebeneinander saßen.
Nichts war mir mehr wichtig, nichts um mich herum nahm ich wahr.
Mein Kritiker schlief, ich war umhüllt von dem warmen blauen Schleier.
Ich spürte nur, wie unsere Beine sich leicht aneinander lehnten.
Eine brennende Berührung.
Ich spürte deine Wärme so nah, doch warst du noch immer weit entfernt von mir.
Ich hörte deine Stimme, wie du leise vor dich hin gesummt hast.
Doch für mich war sie lauter, als der Lärm um uns herum.
Ich schaute dir einmal in die Augen.
Mir kamen die Tränen.
Wie du, als ich fast eingeschlafen bin, mich bis zu meinem Zimmer begleitet hast.
Da bin ich gegen den Türrahmen geknallt, aber nicht vor Müdigkeit, nein, bloß, weil DU neben mir gegangen bist.
Und in dem Moment, wo du gesagt hast, es wäre egal, da hättest du diese Erinnerungen gesehen.
Erinnerungen, die ich seit über vier Jahren sammle.
Momente, die niemals vergessen werden.
In meinem Blick hättest du es lesen können.
Du würdest sehen, wie, jedes Mal, wenn du fehlst, dein leerer Platz mir ins Auge sticht.
Du würdest sehen, wie ich nicht aufhören kann, zu lächeln, wenn du mich ansprichst.
Gesehen hättest du, dass jedes Gedicht, das ich schreibe, an dich ist, auch wenn du es niemals lesen wirst.
Alles hättest du gesehen.
In meinem Blick hättest du es lesen können.
Doch du hast mich nicht angeschaut, und mein Kritiker war hellwach.
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